Was ist Werbung?
Werbung jede Äußerung, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dient und gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung im Rundfunk oder in einem Telemedium aufgenommen ist. Werbung ist insbesondere Rundfunkwerbung, Sponsoring, Teleshopping und Produktplatzierung […]
§ 2 Abs. 2 Nr. 7 Medienstaatsvertrag
Es geht also nicht nur um die konkrete Anpreisung bestimmter Waren, auch das Hervorrufen eines positiven Bildes über ein Unternehmen ist erfasst.
Kennzeichnung von Werbung
Werbung muss grundsätzlich deutlich gekennzeichnet und als solche erkennbar sein. Empfehlenswert ist die Kennzeichnung als „Werbung“ oder „Anzeige„. Gerade auf YouTube ist es am sichersten, entsprechende Sequenzen beziehungsweise das gesamte Video mit einem entsprechenden Hinweis im Bild dauerhaft zu kennzeichnen. Zusätzliche sollte die Kennzeichnung auch in der Videobeschreibung erfolgen. Eine Kennzeichnung mit Hashtags als #ad und #sponsoredby haben die Gerichte bislang nicht ausreichen lassen. Darüber hinaus (!) muss das Video in den Einstellungen gemäß den Nutzungsbedingungen für YouTube entsprechend gekennzeichnet werden. Eine gute Orientierung bietet auch der Leitfaden der Medienanstalten zur Werbekennzeichnung bei Online-Medien.
Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
§ 5a Abs. 6 UWG
Schleichwerbung
Schleichwerbung [im Sinne dieses Staatsvertrages ist] die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt.
§ 2 Abs. 2 Nr. 9 Medienstaatsvertrag
Nachdem gerade unter Influencer:innen lange Unsicherheit darüber herrschte, wie man Beiträge mit PR-Samples (also vom Unternehmen zur Verfügung gestellte Produkte) kennzeichnen soll und ob eine Kennzeichnung auch bei privat gekauften Produkten erforderlich ist, hat der BGH in seinen jüngsten Entscheidungen herausgestellt, dass es vor allem darauf ankommt, ob Influencer:innen eine Gegenleistung für den Post erhalten haben (egal ob Bezahlung, PR-Sample, Gutscheine etc.). In diesen Fällen sind die Beiträge immer als Werbung zu kennzeichnen. Bei privat gekauten Produkten ist grundsätzliche keine Werbekennzeichnung erforderlich.
Um hier auch entsprechende Rechtssicherheit zu schaffen, tritt am 28.05.2022 die folgende Änderung von § 5a Abs. 4 UWG in Kraft (Hervorhebung durch die Autorin):
Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.
§5a Abs. 4 UWG n.F.
Vor diesem Hintergrund sollten Influencer:innen zur Sicherheit die Rechnungen und Kassenbons von selbst gekauften Produkten zu Nachweiszwecken aufbewahren.
Produktplatzierungen
Produktplatzierung jede Form der Werbung, die darin besteht, gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung ein Produkt, eine Dienstleistung oder die entsprechende Marke einzubeziehen oder darauf Bezug zu nehmen, sodass diese innerhalb einer Sendung oder eines nutzergenerierten Videos erscheinen. Die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen ist Produktplatzierung, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist.
§ 2 Abs. 2 Nr. 12 Medienstaatsvertrag
Werden die Produkte eher im Hintergrund gezeigt, kann es sich auch um eine Produktplatzierung handeln. Diese sind am Anfang und Ende des Videos zu kennzeichnen, sofern die Produkte kostenlos überlassen wurden. Wenn die Produkte nur für das Video bereitgestellt wurden, gilt dies ab einem bedeutenden Wert (i.d.R. 1.000 €).
Wichtig ist, dass die entsprechenden Produkte nicht zu sehr hervorgehoben werden dürfen. Produktplatzierungen dürfen nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleistungen anregen, insbesondere nicht durch spezielle verkaufsfördernde Hinweise auf diese Waren oder Dienstleistungen.
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Health Claims und Heilmittel: Alles, was gesund macht!
Sehr vorsichtig muss man mit gesundheitsbezogenen Angaben und Heilversprechen sein. Wird ein Produkt damit angepriesen, es könne Krankheiten heilen, handelt es sich um ein Heilmittel (Arzneimittel, Medizinprodukte und alle anderen Mittel oder Verfahren, die zur Behandlung oder Erkennung von menschlichen Beschwerden genutzt werden) und es gelten die sehr strengen Werbebestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Gesundheitsbezogene Angaben unterliegen den Voraussetzungen der sogenannten Health-Claims-Verordnung.
Heilmittelwerbegesetz
Das Heilmittelwerbegesetz schränkt die zulässige Werbung für Heilprodukte stark ein. Es soll die Gesundheitsinteressen des Einzelnen und der Bevölkerung insgesamt vor einer unrichtigen oder unsachlichen Beeinflussung im heiklen Bereich der Heilmittelwerbung schützen. Die Werbung darf vor allem nicht irreführend sein. § 11 regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Werbung außerhalb von Fachkreisen (das wird bei Werbung auf YouTube der Fall sein) zulässig bzw. unzulässig ist. Zusätzlich aufpassen muss man daher auch, wenn unter den Abonnent*innen primär Kinder und Jugendliche sind.
Auch ist zum Beispiel die Werbung mit einem konkreten Erfolg unzulässig. Das OLG Frankfurt hat einem Kieferorthopäden daher verboten, mit der Aussage „[…] ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekte Zähne haben möchten. Sie sehen sofort beim ersten Termin, welche Ergebnisse Sie innerhalb von 6 Monaten erreichen können.“ zu werben.
Es gibt bislang noch keine veröffentlichte Rechtsprechung zu diesem Thema, sodass sowohl Unternehmen als auch Influencer*innen hier großen Risiken ausgesetzt sind. Es ist nicht geklärt, inwieweit der Pflichthinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ eingeblendet werden muss. Haftungsfragen sollten hier in jedem Fall vorher vertraglich geregelt werden.
Health-Claims-Verordnung
Nach dem Wortlaut der Verordnung (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO) ist eine„gesundheitsbezogene Angabe“ jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.
Dabei dürfen keine allgemeinen und nicht nachweisbaren gesundheitsfördernden Wirkungen eines Nahrungs- oder Lebensmittels beworben sein, soweit sie nicht in der Liste der über 200 erlaubten gesundheitsbezogenen Angaben, die sich jeweils auf bestimmte Inhaltsstoffe, Vitamine und Mineralstoffe eines Produktes beziehen, enthalten sind.
Darüber hinaus dürfen für alkoholhaltige Produkte grundsätzlich keine gesundheitsbezogenen Angaben in der Werbung getätigt werden.
Wird in der Werbung Bier mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent als „bekömmlich“ bezeichnet und versteht der angesprochene Verkehr diesen Begriff im konkreten Zusammenhang als „gut oder leicht verdaulich“, liegt darin eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe.
BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 – I ZR 252/16
Auch mit einer „entschlackenden Wirkung“ darf nicht geworben werden, da es keine wissenschaftliche Grundlage für die Existenz von Schlacken gibt.
Verbotene Werbung
Schönheitsoperationen
Werbung für Schönheit-OPs mit vorher/nachher-Vergleich ist in Deutschland verboten! Grundsätzlich ist die Werbung für medizinisch nicht notwendige ästhetische Eingriffe, die sich primär an Kinder richten, ebenfalls verboten. Die Bundesregierung plant ein solches Werbeverbot auch für an Jugendliche gerichtete Werbung.
Arzneimittel
Die Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel durch Influencer:innen ist gem. § 10 Abs. 1 HWG verboten. Dies gilt insbesondere auch für Akne-Cremes, die gerne auf Social-Media empfohlen werden.
Glücksspiel, Tabakprodukte, Alkohol
Die Werbung für Glücksspiel und Tabakprodukte ist extrem stark reglementiert, in Bezug auf YouTube muss man davon ausgehen, dass entsprechende Werbung für Firmen und Influencer:innen grundsätzlich verboten ist. Werbung für Alkohol ist bei entsprechender Zielgruppe zwar erlaubt, darf aber nicht zum übermäßigen Alkoholkonsum anregen.
Politische, weltanschauliche oder religiöse Werbung
Politische, weltanschauliche oder religiöse Werbung ist nicht erlaubt.
An Kinder gerichtete Werbung
An Kinder gerichtete Werbung, die zum Erwerb von Waren und Dienstleistungen durch die Kinder oder andere Erwachsene (z.B. deren Eltern) auffordert, ist verboten. Wird ein Video bei YouTube als Werbung gekennzeichnet, wird es darüber hinaus auch automatisch aus der Kids App entfernt.
„Wir sind die Besten“, „klimaneutral“ – Achtung bei bestimmten Aussagen!
Es gibt zahlreiche Arten von Werbung, deren Zulässigkeit nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) besonderen Voraussetzungen unterliegt, dazu gehört zum Beispiel die Werbung mit Lockangeboten, die Werbung mit Spitzenstellung, Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ oder sogenanntes Greenwashing. Hier sollten Sie sich im Voraus informieren und beraten lassen, um auf der sicheren Seite zu sein. Gleiches gilt natürlich auch für Influencer:innen, die vorgegebene Werbetexte der Unternehmen übernehmen.
Was sind die Risiken bei rechtswidriger Werbung?
Abmahnung, einstweilige Verfügung und Klage
Verstöße gegen den Medienstaatsvertrag oder den Digital Services Act der EU (DSA) sind häufig sogenannte Marktverhaltensregeln und können über die Generalklausel des § 3a UWG als Wettbewerbsverstoß abgemahnt werden. Die Streitwerte betragen oft mehrere zehntausend Euro, sodass die Kosten einer Abmahnung im vierstelligen Bereich liegen werden. Erfolgt hier keine oder eine nicht ausreichende Reaktion, kann der Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt werden, um den Unterlassungsanspruch durchzusetzen. Der Unterlassungsanspruch sowie weitere Ansprüche können auch mit einer Klage durchgesetzt werden. Hier fallen entsprechende Verfahrenskosten an.
Bei Werbung durch Influencer:innen oder Mitarbeitende (Corporate Influencer:innen) gilt: Sie sind Beauftrage des Unternehmens, sodass der Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung auch gegenüber dem Unternehmen geltend gemacht werden kann (§ 8 Abs. 2 UWG).
Produktrückruf und Schadensersatz
Unternehmen, deren Werbung gegen das UWG verstößt, müssen gegebenenfalls die entsprechenden Produkte zurückrufen. Das gilt vor allem, wenn die unlautere Werbung auf die Produktverpackung oder Ähnliches aufgedruckt wurde.
Konkurrenzunternehmen können im Regelfall keinen Schadensersatz bei Verstößen gegen das UWG fordern, eine Ausnahme ist die nachschaffende Leistungsübernahme. Möglich ist aber die Gewinnabschöpfung durch Zahlung an den Bundeshaushalt, sowie nach der Novellierung des UWG auch ein Anspruch auf Schadensersatz von Verbraucher:innen.
Verstöße gegen den Medienstaatsvertrag
Hier kann die zuständige Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen treffen, insbesondere Beanstandung, Untersagung, Sperrung, Rücknahme und Widerruf. Zudem ist ein Ordnungswidrigkeitenverfahren möglich, wobei die möglichen Bußgelder bis zu 500.000 € betragen können.
Risiken mindern und fair verteilen – die Vertragsgestaltung
Um die Risiken von vorneherein zu mindern und im Streitfall eine eindeutige Vereinbarung über die Verantwortlichkeit für Rechtsverstöße in der Hand zu haben, sollten solche Punkte bereits im Kooperationsvertrag schriftlich festgehalten werden. Hier sollte vor allem aus Unternehmenssicht auch ein Hinweis auf die Notwendigkeit von Werbekennzeichnung und die Folgen von Verstößen aufgenommen werden. Zudem kann direkt festgelegt werden, wie die Kennzeichnung zu erfolgen hat.
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