Welche Sorgfaltspflichten haben Blogs?

Ein Blog ist eine einfache Möglichkeit, um Inhalte zu veröffentlichen. Wenn über andere berichtet wird, kann es aber auch leicht zu Auseinandersetzungen kommen. Fühlt sich der Betroffene von der Berichterstattung falsch dargestellt, gleich ob es sich um eine Privatperson oder ein Unternehmen handelt, wird er gegebenenfalls rechtlich gegen sie vorgehen. Wir geben einen Überblick über die Sorgfaltspflichten, die Blogger erfüllen müssen.

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Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Wer eine Behauptung aufstellt, muss sie auch beweisen

Für die Zulässigkeit einer Äußerung kommt es vor allem darauf an, ob die behaupteten Tatsachen wahr sind. Dabei gilt der Grundsatz, dass der Behauptende die Beweislast trägt. Daher muss ein Blog, auf dem behauptet wird, ein Unternehmen habe einen Umsatzeinbruch erlitten, im Streitfall hierfür Nachweise vorlegen können.

Wahre Tatsachenbehauptungen muss der Betroffene in der Regel hinnehmen. Er wird es eher schwer haben, eine Unterlassung zu verlangen, wenn der Blog nachweisen kann, dass die aufgestellten Behauptungen zutreffend sind. Was aber gilt, wenn zwar Anhaltspunkte für eine bestimmte Tatsache vorliegen, dies aber nicht sicher ist?

Die Medien müssen in diesem Fall nicht auf eine Berichterstattung verzichten, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten einhalten. Bei Informationen, die für die Öffentlichkeit besonders interessant sind, kehrt sich die Beweislast um. Dann muss der Betroffene beweisen, dass an der behaupteten Geschichte „nichts dran“ ist.

Sorgfaltspflichten im Medienstaatsvertrag

Den Medien ist es also erlaubt, über einen Verdacht zu berichten, der sich bestätigen kann oder eben auch nicht. Dieses Privileg können sie aber nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie zuvor sorgfältig recherchiert haben.

Welche Anforderungen an die Sorgfaltspflichten zu stellen sind, regelt der Medienstaatsvertrag (MStV). Blogs sind in der Regel journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote und müssen daher nach § 19 Abs. 1 MStV den „anerkannten journalistischen Grundsätzen“ entsprechen.

In der Rechtsprechung haben sich verschiedene Grundsätze herausgebildet, die als „anerkannt“ gelten können. Auch der Pressekodex des Deutschen Presserats kann als Leitlinie für die Berichterstattung dienen und sollte von jedem Blogger zumindest ein Mal gelesen worden sein.

Im Einzelfall richten sich die Sorgfaltspflichten nach den Aufklärungsmöglichkeiten des Mediums. Von einem kleinen Blog kann niemand erwarten, dass er wie SPIEGEL, ZEIT oder SZ aufwändige Recherchen anstellt. Der Maßstab ist gleitend und flexibel. Im Grundsatz gilt aber: Je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, umso höhere Anforderungen sind an die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu stellen

Eigene Recherche

Auch Blogger müssen selbst recherchieren, ob ihre Informationen richtig sind. Im Pressekodex heißt es dazu:

Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden.

Ziff. 2 Pressekodex

Blogger können sich nur auf eigene Rechercheergebnisse verlassen. Sicht auf andere Veröffentlichungen zu beziehen, ersetzt die Recherche hingegen nicht – und zwar auch dann nicht, wenn ein „Qualitätsmedium“ berichtet. Das gilt vor allem, wenn sich das Medium nicht ausreichend von der Vorberichterstattung distanziert und sich diese zu Eigen macht.

Ausnahmen von der Recherchepflicht bestehen nur bei sogenannten privilegierten Quellen wie Äußerungen von Behörden oder Agenturmeldungen. Diese dürfen Blogger auch ohne eine eigene Recherche übernehmen.

Stellungnahmemöglichkeit

Von besonderer Bedeutung ist die Stellungnahmemöglichkeit. Der Betroffene soll vor der Veröffentlichung von Tatsachen, die sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigen, angemessen Stellung beziehen können.

Die Stellungnahmemöglichkeit sollte per E-Mail oder sonst schriftlich gegeben werden. Dabei ist dem Betroffenen mitzuteilen, was der Gegenstand der Berichterstattung sein wird und bis wann er die Möglichkeit hat, seine Sicht der Dinge zu schildern.

Wie lange die Frist für die Stellungnahme sein muss, richtet sich nach dem Einzelfall, unter anderem nach der Brisanz der Berichterstattung, ihren Auswirkungen auf den Betroffenen sowie der Komplexität und des Umfangs des Vorgangs. Sie kann mehrere Stunden bis Tage betragen. Zu berücksichtigen ist auch, ob der Betroffene mit der Beantwortung von Presseanfragen vertraut ist. Die Pressestelle eines Unternehmens wird schneller reagieren müssen als eine Privatperson.

Die Sicht des Betroffenen oder der Umstand, dass er auf Anfrage nicht reagiert hat, sollte in die Berichterstattung aufgenommen werden.

Pflicht zur Vollständigkeit

Die Medien dürfen einen Vorgang natürlich bewerten. Bewusste Verzerrungen der Wahrheit sind aber nicht erlaubt. Vor allem Zitate sind korrekt wiederzugeben und dürfen nicht in einen sinnentstellenden Kontext gesetzt werden. Wichtige Tatsachen, die von Relevanz sind und deren Fehlen den Vorgang verfälschen, dürfen nicht weggelassen werden.

Zur Vollständigkeit gehört auch, nicht nur nach belastenden Umständen zu forschen, sondern auch entlastende Informationen zu berücksichtigen. Gibt es Aspekte, die für den Betroffenen sprechen, müssen sie in der Berichterstattung auch wiedergegeben werden.

Verdachtsberichterstattung

Besondere Vorsicht ist bei Berichten über Verfehlungen geboten, insbesondere wenn sie strafrechtlich relevant sind oder ein Ermittlungsverfahren geführt wird. Die Rechtsprechung hat in diesen Fällen sehr strenge Vorgaben gemacht, wann eine Berichterstattung erfolgen darf.

Folgende Punkte müssen Blogger beachten:

  1. Es bedarf ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit
  2. Ein Mindestbestand an Beweistatsachen muss vorliegen
  3. Die journalistischen Sorgfaltspflichten müssen eingehalten sein, also vor allem eigene Recherche, Stellungnahmemöglichkeit und Vollständigkeit
  4. Der Betroffene darf nicht vorverurteilt werden

Eine identifizierende Berichterstattung wird nur im Ausnahmefall zulässig sein. Bei allgemeiner Kriminalität ist eine ausreichende Anonymisierung vorzunehmen. Diese muss gewährleisten, dass der Betroffene auch in seinem näheren Umfeld als Betroffener der Berichterstattung nicht erkannt wird.

Fazit: Auch Blogger müssen recherchieren

Auch wenn Blogger sich häufig nicht als „professionelles Medium“ begreifen, sie müssen journalistischen Grundsätzen entsprechen. Dazu gehört eine eigene Recherche, die sich nicht nur auf Vorberichte in anderen Medien stützen darf. Der Betroffene sollte für den Fall, dass sich eine Tatsache nicht sicher beweisen lässt, um eine Stellungnahme gebeten werden.

Blogger kommen also nicht darum herum, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie eine gute Recherche aussieht. Vor allem, wenn sie sich mit Themen beschäftigen, bei denen über Dritte berichtet wird, sind Grundkenntnisse journalistischer Arbeit unerlässlich.

Checkliste: Sorgfaltspflichten

  1. Selbst recherchieren

    Wenn eine Berichterstattung einen anderen, gleich ob Privatperson oder Unternehmen, beeinträchtigen kann, ist eine eigene Recherche erforderlich. Verlassen Sie sich nicht auf Presseberichte, denn im Zweifel müssen Sie die Wahrheit Ihrer Behauptungen nachweisen.

  2. Gelegenheit zur Stellungnahme geben

    Der Betroffene muss sich zu der Sache äußern können. Schicken Sie ihm eine E-Mail, in dem Sie Ihre Erkenntnisse skizzieren und ihm eine Frist zur Rückäußerung setzen. Nehmen Sie die Stellungnahme wie auch einen vergeblichen Versucht in den Text auf.

  3. Ausgewogene Berichterstattung

    Achten Sie bei Ihrer Darstellung darauf, dass neben belastenden Tatsachen auch entlastende Umstände – soweit vorhanden – benannt werden.

  4. Auf Vollständigkeit achten

    Lassen Sie keine wesentlichen Informationen weg. Die Berichterstattung muss vollständig sein und darf die Wahrheit nicht verzerren.

  5. Vorsicht bei Verdachtsberichterstattung

    Die Anforderungen an die Mitteilung eines Verdachts sind hoch. Vor allem bei strafrechtlichen Ermittlungen sollten Sie die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung beachten. Eine identifizierende Berichterstattung ist nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig.

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