Die Polizei darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch personenbezogene Daten speichern, wenn dies gesetzlich zugelassen ist. Die datenschutzrechtliche Beurteilung ist stark vom Einzelfall anhängig. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten der Speicherung und welche Rechte Ihnen zustehen, um Auskunft und Löschung zu verlangen.
Wann speichert die Polizei personenbezogene Daten?
Man kann etwas vereinfacht sagen, dass Daten zu einer Person immer dann gespeichert werden, wenn sie im Rahmen einer polizeilichen Maßnahme in Erscheinung tritt, ob nun als Beschuldigter, Opfer oder Zeuge einer Straftat, als Hinweisgeber oder weil die Polizei das Auto aus dem Parkverbot hat abschleppen lassen.
Die Polizei dokumentiert ihr Handeln in einer Vorgangsverwaltung und speichert zeitlich befristet in der Regel
- das Datum und die Uhrzeit des Vorgangs,
- die betroffene Person und ihre Rolle,
- eine Kurzbeschreibung des Vorgangs.
Damit soll jederzeit nachvollziehbar sein, was die Beamtinnen und Beamten getan haben. In der Regel werden diese Daten automatisiert nach einigen Jahren gelöscht oder zumindest anonymisiert.
Darüber hinaus dürfen Daten über Personen gespeichert werden, gegen die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Die Polizei hat nicht nur die Aufgabe, bereits begangene Straftaten aufzuklären, sondern sie soll auch der Begehung von Straftaten vorbeugen. Zur Gefahrenabwehr darf sie deshalb Daten, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gewonnen wurden, nach § 481 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung nutzen.
Wie werden die Daten gespeichert?
Die Anzahl möglicher Speicherungen ist nicht überschaubar. Abgesehen davon, dass nicht alle der von den Polizeibehörden errichteten Dateien bekannt sind, erscheint eine Auflistung aller möglichen Datenbanken nicht hilfreich, weil es ohnehin auf die Verwendung der Daten im Einzelfall ankommt.
Das Datenschutzrecht ist komplex, es bedarf Erfahrung, um die rechtlichen „Fallstricke“ zu identifizieren. Aus diesem Grunde ist es ratsam, die Speicherung durch einen fachlich kompetenten Rechtsanwalt vornehmen zu lassen.
Neben der Vorgangsverwaltung kann die Speicherung der Behörden auf folgende Grundstruktur reduziert werden:
- Daten aus einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren werden zumeist in Kriminalakten gespeichert. In diesen werden relevante Daten aus den Ermittlungsverfahren, insbesondere Hinweise zur Gefahrenabwehr, gespeichert. Die Kriminalakten sind elektronisch im sogenannten Kriminalaktennachweis erfasst, so dass sie den Polizeibehörden landesweit zur Verfügung stehen. Innerhalb der Polizei haben allerdings nur bestimmte Personen einen Zugriff auf Kriminalakten, in NRW unter anderem Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in den Kriminalkommissariaten, einschließlich des Polizeilichen Staatsschutzes, ihre Vorgesetzten und der Datenschutzbeauftragte der Polizeibehörde.
- Möglich ist, dass zu einem Vorgang ein „personengebundener Hinweis“ angefügt wird, z.B. wenn eine Suchterkrankung oder psychische Störungen bestehen. Diese dienen der Eigensicherung der Beamtinnen und Beamten, ihre Geeignetheit wird aber zunehmend infrage gestellt. Kontroversen hat insbesondere die Speicherung von HIV-Positiven als „ANST“ (= „ansteckend“) ausgelöst. Bis heute ist diese diskriminierende Praxis nicht beendet.
- Daten von erkennungsdienstlichen Behandlungen werden vor allem beim Bundeskriminalamt (BKA) und den Landeskriminalämtern geführt. Dabei handelt es sich u.a. um Lichtbilder, Fingerabdrücke, besondere körperliche Merkmale u.ä.
- Das Bundeskriminalamt ist darüber hinaus zuständig für bundesweite Verbunddateien und Zentraldateien wie die „Gewalttäterdatei Sport“.
- In der DNA-Analyse-Datei werden von den Landespolizeien und dem BKA bekannte DNA-Profile bundesweit bereitgestellt. Über eine Million Datensätze sind hier erfasst. Dies zeigt, dass mehr Menschen von Speicherungen betroffen sind, als landläufig angenommen wird.
Wofür dürfen die Daten verwendet werden?
Im Datenschutzrecht gilt, dass gespeicherte Daten einer Zweckbindung unterliegen. Das bedeutet, dass Daten nicht „einfach so“ genutzt werden dürfen, sondern nur zu gesetzlich vorgesehenen Zwecken. Die Polizei darf z.B. erkennungsdienstliche Unterlagen, die sie zur Aufklärung eines Strafverfahrens erstellt hat, nicht zur Gefahrenabwehr nutzen. Anderweitige Erkenntnisse aus Ermittlungsverfahren darf sie hingegen durchaus verwenden.
Mit der Zweckbindung ist der Rahmen abgesteckt, wie lange Daten verwendet werden dürfen. Ist eine Speicherung für die Erfüllung des Zwecks nicht mehr erforderlich, sind Daten zu löschen (siehe unten).
Wann sind die Daten zu löschen?
Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn sie für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. Das ist bei Beschuldigten eines Ermittlungsverfahrens der Fall, wenn sich herausgestellt hat, dass an einem Tatvorwurf „nichts dran“ war.
„Sie wollen wissen, welche Daten die Polizei über Sie speichert? Wir unterstützen Sie bei einem Antrag auf Auskunft.“
Besteht ein Restverdacht, dürfen die Daten weiterhin gespeichert werden. Dies ist eine Frage des Einzelfalls und bedarf in der Regel einer Einsichtnahme in die Ermittlungsakten. Denn nur so kann beurteilt werden, ob am Ende des Verfahrens noch Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Betroffene die Tat begangen haben könnte. Das Problem ist, dass durch diese von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen eine weitere Speicherung auch dann zulässig sein kann, wenn am Ende „Aussage gegen Aussage“ stand und das Verfahren eingestellt wurde.
Bei erkennungsdienstlichen Behandlungen muss die Polizei eine nachvollziehbare Prognose anstellen, ob von dem Betroffenen in der Zukunft die Begehung von Straftaten zu erwarten ist. Diese Prognose ist nicht selten fehlerhaft, so dass eine genaue Prüfung ratsam ist.
Zur erkennungsdienstlichen Behandlung habe ich diesen ausführlichen Beitrag veröffentlicht.
Zu berücksichtigen ist immer auch, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Speicherung deutliche Grenzen setzt.
Die Polizeibehörden müssen Löschfristen festlegen, zu denen gespeicherte Daten zu löschen sind. Diese liegen bei Beschuldigten in der Regel zwischen einem und zehn Jahren. Eine feste Größe gibt es allerdings nicht. Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber in der Regel nur Höchstfristen vorgibt. Im Einzelfall müssen die Löschfristen kürzer bemessen werden. Daten aus einem Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung werden früher zu löschen sein als wegen Körperverletzung. In der Praxis zeigt sich, dass die Polizeibehörden oft zu lange Löschfristen festlegen. Dies liegt unter anderem daran, dass sie den Einzelfall nicht hinreichend würdigen.
Problematisch ist, dass sich bei Beschuldigten die Speicherung für alle gespeicherten Daten verlängert, wenn ein neuer Eintrag gespeichert wird. Dieser „Nachzieheffekt“ sorgt dafür, dass die Polizei zum Teil über Jahrzehnte hinweg erkennen kann, wann eine Person auch nur angezeigt wurde.
Was können Sie gegen eine Speicherung Ihrer Daten tun?
Wenn Sie meinen, dass eine Polizeibehörde über Sie etwas gespeichert haben könnte, haben sie die Möglichkeit einen Antrag auf Auskunft zu stellen. Die Behörde ist grundsätzlich verpflichtet Ihnen mitzuteilen,
- welche Daten gespeichert sind,
- zu welchem Zweck und nach welcher Rechtsgrundlage,
- die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen.
In besonderen Fällen darf die Auskunft allerdings abgelehnt werden.
Darüber hinaus wird die Behörde Ihnen mitteilen, wann voraussichtlich eine Löschung erfolgen wird.
Neben dem Antrag auf Auskunft kann ein Löschungsantrag gestellt werden. Die Polizei muss in diesem Falle überprüfen, ob die weitere Speicherung zulässig ist. Auf die Löschfristen kommt es dabei nicht entscheidend an, auf sie kann sich die Behörde nicht zurückziehen. Vielmehr muss sie im Einzelnen begründen, aus welchen Umständen sich ergibt, dass die Daten zur Gefahrenabwehr weiter erforderlich sind.
Einen Antrag können Sie selbst an die Polizeibehörde richten, bei der Sie eine Speicherung vermuten. Sie können diesen aber auch von einem Rechtsanwalt stellen lassen.
Die Bearbeitungszeiten sind teilweise sehr lang. Eine Möglichkeit, das Verfahren zu beschleunigen, bietet die Untätigkeitsklage. Sie kann in der Regel nach drei Monaten erhoben werden, die Kosten trägt am Ende die Behörde.
Auskunftserteilungen und Einsichtnahme sind gebührenfrei, es kann aber die Erstattung von Auslagen verlangt werden.
Was ist zu tun, wenn die Behörde eine Löschung ablehnt?
Lehnt die Behörde eine Löschung ab, kann gegen diese Entscheidung ggf. Widerspruch erhoben werden, in vielen Bundesländern ist direkt eine Klage zum zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben. Zu beachten ist die Frist von einem Monat nach Zugang des Bescheids.
Im Rahmen eines Klageverfahrens sind in der Regel die alten Ermittlungsakten heranzuziehen, als Rechtsanwalt kann ich für meine Mandanten eine Akteneinsicht nehmen. Zu beobachten ist, dass eine gute Begründung vor Gericht die Chancen beträchtlich steigert, dass die Behörde am Ende zu einer Löschung verpflichtet wird.
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