Nicht nur die Nutzung von Frameworks oder den Einsatz von Open-Source-Lösungen zu kommerziellen Zwecken sollten Sie rechtlich prüfen. Auch Ihre Entwickler:innen müssen bedenken, dass die Übernahme von Codeschnipseln z.B. von GitHub urheberrechtlich relevant sein kann. Wann aber genau besteht ein Urheberrechtsschutz?
Schutz von Computerprogrammen
Das Urheberrechtsgesetz schützt Computerprogramme in § 69a UrhG:
Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials.
§ 69a Abs. 1 UrhG
Ein Computerprogramm beinhaltet „logische Befehle zur Steuerung eines Computers bzw. einer Maschine“ (OLG Hamburg, Urteil vom 23.07.2020 – 5 U 18/14). Dabei ist der Schutz eher weit zu verstehen: Geschützt ist die sogenannte „kleine Münze“. Damit sind fast alle Computerprogramme urheberrechtlich geschützt. Lediglich sehr einfache oder anderen Programmen nachempfundene Gestaltungen erreichen die erforderliche Schöpfungshöhe nicht.
Je komplexer ein Programm ist, desto eher ist es urheberrechtlich geschützt. Die Rechtsprechung geht dabei davon aus, dass gegebenenfalls sogar ein Nachweis der Schutzfähigkeit nicht mehr erforderlich ist:
Bei komplexen Computerprogrammen spricht eine tatsächliche Vermutung für eine hinreichende Individualität der Programmgestaltung.
BGH, Urteil vom 03.03.2005 – I ZR 111/02 – Fash 2000
Bezugspunkt des Urheberrechts sind Ausdruck und Form, also wie das Programm konkret geschaffen wurde. Die Idee für ein Programm ist hingegen nicht geschützt. Gleiches gilt für Grundsätze der Funktionsweise, die allerdings zum Gegenstand einer Patentanmeldung gemacht werden können.
Bei Webseiten kommt es darauf an
Einfache Webseiten wurden zumeist nicht als Computerprogramm eingestuft, da HTML (früher) nur die Formatierung der Seite enthielt. Heute wird dies gegebenenfalls anders zu sehen sein. Enthält eine Webseite Steuerbefehle, z.B. mittels Javascript oder HTML5, handelt es sich (teilweise) um ein geschütztes Computerprogramm.
Teile und Entwicklungsstufen geschützt
Ein Computerprogramm ist nicht nur im Ganzen geschützt, auch Teile sind schutzfähig, selbst wenn sie selbst nicht als Computerprogramm anzusehen ist. Damit ist die Übernahme von Quellcode aus anderen Programmen im Grundsatz problematisch. Fehlt eine Lizenz, kann dies eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Auch wenn es im Internet zum guten Ton gehört, anderen Hilfestellung zu geben, kann die unreflektierte Übernahme später zu Problemen führen, beispielsweise wenn ein Unternehmen verkauft werden soll und eine due diligence durchzuführen ist.
Das Urheberrecht schützt auch einzelne Stufen der Entwicklung eines Computerprogramms. Dritte dürfen daher nicht nur das fertige Ergebnis nicht unbefugt nutzen, sondern auch die Zwischenschritte, die dorthin führen.
Urheberrecht an Software ist kompliziert. Fehler können aber sehr teuer werden. Klären Sie daher besser frühzeitig Ihre Lizenzen.
Wer ist Urheber:in?
Die Urheberschaft hängt an der Person, die das Programm geschaffen hat. Dabei können mehrere Programmierer:innen im Verhältnis zueinander Miturheber:innen sein. Ihnen steht das Urheberrecht gemeinsam zu (§ 8 UrhG). Das Problem: Die Miturheberschaft ist bei Computerprogrammen unpraktikabel. Miturheber:innen können über das Programm nur gemeinschaftlich verfügen und Änderungen bedürfen der Zustimmung aller Beteiligten.
Es liegt auf der Hand, dass dieses Ergebnis eine Verwertung eher schwierig macht. Für Arbeitsverhältnisse trifft das Gesetz daher eine Sonderregelung, um eine möglichst umfassende Verwertung zu ermöglichen:
Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist.
§ 69b Abs. 1 UrhG
Arbeitnehmer:innen und wegen § 69 Abs. 2 UrhG auch Freelancer:innen sind damit in Bezug auf die Ergebnisse, die sie im Job geschaffen haben, vollständig „raus“. Ihre Leistungen sind mit dem Gehalt bzw. der Vergütung abgegolten. Unklar ist, ob Programmierer:innen im Falle einer unangemessen niedrigen Entlohnung eine weitergehende Beteiligung verlangen können.
Risiken beim Einsatz fremder Software
Wenn Sie im Rahmen der Programmierung fremde Software nutzen, sollten Sie immer daran denken: Auch diese Software unterliegt dem Urheberrecht.
Das gilt insbesondere für Open-Source-Software, wie z.B. Linux, die unter Einhaltung bestimmter Bedingungen auch kommerziell werden darf. Dabei bestimmt die „GNU General Public License„, dass Werke, die Open-Source-Software enthalten, als Ganzes den Bedingungen der GPL unterliegen. Denn der Gedanke von Open Source ist, dass die Nutzer:innen den Quellcode offen zur Verfügung zu stellen, kommt eine Nutzung derartiger Software nicht in Betracht, wenn Sie Ihre Arbeitsergebnisse für sich behalten wollen.
Das öffentliche Zugänglichmachen einer freien Software entgegen den Bestimmungen der GNU General Public License stellt eine Urheberrechtsverletzung dar.
LG Hamburg, Urteil vom 14.06.2013 – 308 O 10/13
Die Folge einer unberechtigten Nutzung ist zumeist, dass die zunächst bestehende Open-Source-Lizenz aufgelöst ist und daher kein Nutzungsrecht mehr besteht. Das ist übrigens vergleichbar mit „Creative Commons“ Lizenzen, bei denen ebenfalls das Recht zur Nutzung entfällt, wenn das Werk entgegen der Lizenz genutzt wird. Ein GAU für ein Unternehmen, weil in diesem Fall die Software insgesamt nicht mehr eingesetzt werden kann.
Fazit: Einsatz von Software rechtlich absichern
Wenn Sie eigene Software herstellen und vertreiben, sollten Sie den Einsatz rechtlich absichern. Eine Beratung zu Beginn eines Projekts kann vermeiden, dass Sie „in die falsche Richtung laufen“. Damit sparen Sie sich kostspielige Auseinandersetzungen und Programmierarbeiten, die mit einer Urheberrechtsverletzung einhergehen.
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