Auch wenn es Reaction-Videos wie Sand am Meer gibt, bedeutet dies nicht, dass sie unproblematisch sind. Welche rechtlichen Stolperfallen hinter der Kamera lauern können, klären wir in diesem Beitrag.
Reaction-Videos auf YouTube: Das sagt das Urheberrecht
Das stellt Gesetz stellt an den urheberrechtlichen Schutz von Videos keine hohen Anforderungen. Bild und Ton sind als „Laufbilder“ nach § 95 UrhG praktisch immer geschützt. Die Ersteller:innen können sich daher auch dann gegen eine Übernahme ihres Materials wehren, wenn es sich um ein Alltagsvideo handelt, das nicht besonders künstlerisch ist.
Urheber:innen schützt das Urheberrecht vor einer Ausbeutung ihrer Leistungen durch Dritte. Im Grundsatz ist das auch ganz richtig, denn die Erstellung von Content kostet mitunter viel Zeit, Energie und Geld. Deshalb sollen Urheber:innen selbst darüber entscheiden dürfen, wer mit ihrem Material arbeitet und ggf. sogar Einnahmen erzielt.
Im Grundsatz bedarf es für die Einbettung von urheberrechtlich geschützten Inhalten auch bei einem Reaction-Video daher einer Erlaubnis. Liegt eine solche nicht vor, kann dies Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.
Im Zweifel besser nachfragen
Nicht immer haben Urheber:innen etwas dagegen, dass ihr Video genutzt wird, beispielsweise weil dies die Bekanntheit ihres Kanals fördern kann. Darauf verlassen sollte man sich allerdings nicht. Eine einfache Nachfrage per Mail kann die Unsicherheit bereits aus der Welt schaffen.
Wann greift das „Zitatrecht“?
Bei Reaction-Videos besteht die Besonderheit, dass eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt eines Videos nur schwer möglich ist, wenn es nicht eingeblendet werden kann. Das allein rechtfertigt aber noch nicht, es einfach so zu nutzen.
Das Urheberrecht kennt allerdings eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Urheber:innen eine Nutzung erlauben müssen:
Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.
§ 51 Abs. 1 Satz 1 UrhG
Das Zitatrecht hat allerdings einige Voraussetzungen und ist daher in der Praxis nicht ganz einfach in der Handhabung.
Erforderlich ist, dass sich das Reaction-Video mit dem Original inhaltlich auseinandersetzt. Es reicht nicht aus, dass die „Zitate“ eingefügt und angehängt werden, sondern es kommt darauf an, dass die reagierende Person „eine innere Verbindung mit den eigenen Gedanken“ herstellt (OLG Köln, Urteil vom 13.12.2013 – 6 U 114/13).
Eine Übernahme ist deshalb grundsätzlich nur zulässig, wenn das Video als Beleg oder Erörterungsgrundlage für eigene Ausführungen dient. Es liegt auf der Hand, dass es damit nicht reicht, dass die reagierende Person lacht oder lustig reagiert. Sie muss vielmehr den Inhalt des Videos aufnehmen und inhaltlich kommentieren. Es kommt aber immer auf den Einzelfall an.
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Was ist bei Zitaten zu beachten?
Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung fordert das Gesetz, dass die Nutzung „in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist“, sich also auf das notwendige Maß beschränkt.
Das bedeutet, dass nur die Stellen eingeblendet werden dürfen, die benötigt werden, damit die inhaltliche Auseinandersetzung sinnvoll stattfinden kann. Dabei gibt es sicherlich einen gewissen Spielraum. Nimmt das Zitat aber zu großen Raum ein, kann dies die Grenzen des Zitatrechts aus § 51 UrhG überschreiten.
Darüber hinaus ist die Quelle anzugeben, aus der das Zitat stammt. In der Regel wird dies der Kanal sein, auf dem das Video zuerst hochgeladen wurde.
Was sind die Folgen einer Urheberrechtsverletzung?
Auch wenn viele Reaction-Videos auf YouTube keine Konsequenzen haben, können Urheber:innen rechtlich vorgehen, wenn sie eine rechtswidrige Nutzung ihres Materials unterbinden wollen.
Der erste Schritt ist eine Abmahnung durch einen Anwalt für Urheberrecht, mit der Rechtsverletzer:innen zur Unterlassung aufgefordert werden. In einem zweiten Schritt kann bei Gericht eine einstweilige Verfügung beantragt werden. Daneben sind Rechtsverletzer:innen zur Auskunft und zum Schadensersatz verpflichtet. Auch strafrechtliche Konsequenzen sind nicht ausgeschlossen.
Darüber hinaus können Urheber:innen gegenüber YouTube auf eine Entfernung des Materials hinwirken. Im Wiederholungsfall droht eine Sperrung oder Löschung des eigenen Kanals.
Fazit: Sind Reaction-Videos bei YouTube nun legal oder illegal?
Wie so oft im Leben gibt es darauf keine einfache Antwort. Wenn sich das Reaction-Video nicht mit dem Inhalt des zitierten Videos auseinandersetzt und die Quelle nicht benannt wird, liegt sicherlich eine Urheberrechtsverletzung vor. Viele der Videos auf YouTube und der Streams bei Twitch sind rechtlich daher nicht zulässig.
Aber: Viele Urheber:innen werden aus eigenem Interesse nicht gegen Reaction-Videos vorgehen. Denn sie riskieren, dass der Abgemahnte an die Öffentlichkeit geht, was in der Vergangenheit schon häufiger zu beobachten war. Letztlich muss jede:r das Risiko und den Nutzen für sich selbst abwägen.
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