- Ratsmitglied meldet sich im Stadtrat zu Wort und wird verklagt
- Querdenker verlangt Unterlassung, Geldentschädigung und Abmahnkosten
- OLG Köln: Äußerungen im Rat sind privilegiert und daher geschützt
Ein falsches Wort im Stadtrat – und man steht vor Gericht. So ähnlich erging es einem Ratsmitglied der PARTEI aus Dortmund, der von einem „Querdenker“ gerichtlich in Anspruch genommen wurde. Nun hat das Oberlandesgericht Köln im Berufungsverfahren klargestellt: Ratsmitglieder können nicht verklagt werden, auch wenn sie sich mal unklar ausdrücken. Die Entscheidung stärkt das Engagement für die kommunale Demokratie.
Was war passiert?
Das Ratsmitglied äußerte sich in einer Sitzung des Stadtrats anlässlich einer Vermietung der Westfalenhallen an einen Historiker, der als Verschwörungstheoretiker gilt. In seinem Debattenbeitrag wies er darauf hin, mit welchen Personen der Historiker in der Öffentlichkeit auftrat. Als Beispiel benannte er den späteren Kläger und teilte mit, dass dieser bereits strafrechtlich verurteilt worden war. Dies war zwar zutreffend, allerdings war die Formulierung unglücklich gewählt und unterstellte dem Kläger auch Taten, die er nicht begangen hatte.
Der Kläger zog vor das Landgericht Dortmund und forderte Unterlassung, die Zahlung von mindestens 1.000 Euro als Geldentschädigung sowie die Erstattung von Abmahnkosten.
Wie entschied das Oberlandesgericht Köln?
Bereits das Landgericht wies dies Klage als unzulässig ab. Der Kläger habe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil es sich bei einem Beitrag im Stadtrat um eine „privilegierte Äußerung“ handle. Ratsmitglieder könnten äußerungsrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn es darum geht, was sie in einer Sitzung des Rates gesagt haben. Insoweit seien sie ähnlich wie Parlamentsabgeordnete geschützt. Lediglich verleumderische Beleidigungen seien ausgenommen.
Der Kläger legte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ein – und scheiterte vor dem Oberlandesgericht Köln erneut. Das Gericht wies das Rechtsmittel einstimmig, wie bereits zuvor in einem Hinweisbeschluss angekündigt (Volltext siehe unten), als „offensichtlich unbegründet“ zurück. Es bestätigte die Auffassung des Landgerichts, dass Äußerungen im Rat gerichtlich grundsätzlich nicht angegriffen werden können. Dies gelte auch dann, wenn die Sitzung per Livestream im Internet übertragen würde.
Auswirkungen der Entscheidung
„Wer sich für die Demokratie engagiert, soll nicht mit Klagen belastet werden, wenn er einen Fehler macht. Das ist die klare und erfreuliche Botschaft dieses Verfahrens“, so Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge, der das Verfahren in Kooperation mit dem Gegenrechtsschutz geführt hat. „Der Kläger trägt nun zu Recht die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen in Höhe von mehreren Tausend Euro.“
Entscheidung im Volltext
OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 29.07.2024 – 15 U 196/24