Landgericht Frankfurt am Main untersagt Misgendern

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  • Landgericht bestätigt zwei erlassene einstweilige Verfügungen
  • Erstes presserechtliches Urteil gegen Misgendern einer trans Frau
  • Herabwürdigende Bezeichnung als „Transe“ untersagt

Die Pressekammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat mit heutigem Urteil bestätigt, dass ein Unternehmen des Ex-BILD-Chefredakteurs Julian Reichelt es unterlassen muss, die Journalistin Janka Kluge in einem Artikel als „Mann“ zu bezeichnen. Die Entscheidung stärkt aus der Sicht von Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge, der Kluge im Verfahren vertrat, die Rechte von Menschen, die trans sind.

„Misgendern ist ein Eingriff in Persönlichkeitsrechte. Die bewusst herabsetzende Ansprache mit dem falschen Geschlecht kann gerichtlich untersagt werden. Das Verfahren hat eine große Bedeutung, weil es zeigt, dass sich Betroffene wehren können“, so Rechtsanwalt Prigge in einer ersten Reaktion. „Bewusstes Misgendern ist noch immer alltäglich und es hat große Auswirkungen auf die Betroffenen. Der Kern ihrer Persönlichkeit wird mitunter permanent infrage gestellt. Im Verfahren haben wir wissenschaftliche Studien angeführt, die bestätigen, dass derartige Mikroaggressionen die grundrechtlich geschützte freie Entfaltung der Persönlichkeit beeinträchtigen.“

Das Landgericht bestätigte mit einem zweiten Urteil eine einstweilige Verfügung gegen den Betreiber eines anderen rechten Blogs. Dieser muss somit weiter unterlassen, für einen Artikel über Frau Kluge die Überschrift „Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein“ zu verwenden. Rechtsanwalt Prigge erklärt hierzu: „Die Bezeichnung als ‚Transe‘ ist klar herabwürdigend. Sie steht, wie das Landgericht betont hat, auf einer Stufe mit anderen Schimpfwörtern wie zum Beispiel ‚Schwuchtel‘. Derartige Angriffe haben in einer demokratischen Auseinandersetzung nichts zu suchen. Gegen Hass im Netz gehen wir konsequent vor.“

Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig. Die Verfügungsbeklagten können Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main einlegen.


Entscheidung im Volltext

LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 06.07.2023 — 2-03 O 149/23

Pressemitteilung aufgegriffen:

Hessischer Rundfunk: Landgericht Frankfurt sieht Reichelt-Blog weiter kritisch

Süddeutsche: Über das Recht, beim richtigen Geschlecht genannt zu werden

ZDF: Blog darf Transfrau nicht als Mann bezeichnen

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Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge