Anlass waren Pegida-Anhänger, die behaupteten im Protrait gefilmt worden zu sein – offenbar eine gängige Strategie unter Rechten, um journalistische Arbeit zu behindern. Nun wurde bekannt, dass einer der maßgeblichen Protagonisten, der die Journalisten verbal anging, selbst ein Gutachter des Landeskriminalamts Sachsen ist.
- 1. Welchen Status haben Journalistinnen und Journalisten?
- 2. Darf ein Kamerateam in der Öffentlichkeit filmen?
- 3. „Aber die Datenschutzgrundverordnung…“
- 4. Wann dürfen Aufnahmen veröffentlicht werden?
- 5. Darf die Polizei auch Journalisten kontrollieren?
- 6. Darf die Polizei filmen?
- 7. Basics im Polizeirecht sind Pflichtprogramm
Was dürfen Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Arbeit? Hat die Polizei hier korrekt gehandelt und ist das Filmen von Personen bei einer öffentlichen Versammlung wirklich eine Straftat?
Welchen Status haben Journalistinnen und Journalisten?
In einer Demokratie ist die Freiheit von Presse und Rundfunk zentrale Voraussetzung für Meinungspluralismus. Verankert ist sie in Art. 5 Absatz 1 des Grundgesetzes:
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
Journalistinnen und Journalisten können sich wie auch andere Beteiligte (z.B. Verlegerinnen und Verleger, Herausgeberinnen und Herausgeber, Redakteurinnen und Redakteure) gegen staatliche Eingriffe in ihre Arbeit zur Wehr setzen. Von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen ist ihre Tätigkeit im Rahmen der für alle geltenden Gesetze garantiert.
Weitergehende Rechte, zum Beispiel einen Anspruch auf Information gegenüber staatlichen Stellen, finden sich in den Landespressegesetzen und dem Rundfunkstaatsvertrag.
Darf ein Kamerateam in der Öffentlichkeit filmen?
Ja! Auch wenn manche Pegida-Anhänger dies nicht einsehen wollen, Fernseh-Teams dürfen in der Öffentlichkeit filmen. Presse und Rundfunk entscheiden selbst, welche Informationen sie sammeln, daher sind auch Portraitaufnahmen bei Versammlungen nicht schlechthin verboten. Ob sie auch veröffentlicht werden dürfen, steht hingegen auf einem anderen Blatt.
„Aber die Datenschutzgrundverordnung…“
Auch aus datenschutzrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken, wenn Journalistinnen und Journalisten, die als solche erkennbar sind, ihrer Arbeit nachgehen. Die neuere EU-Datenschutzgesetzgebung ändert hieran nichts. Journalistische Tätigkeit wird sogar explizit von der Anwendung der Datenschutzgrundverordnung ausgenommen. So bestimmt § 11a des sächsischen Pressegesetzes, dass die Datenschutzgrundverordnung weitgehend nicht auf die Datenverarbeitung zu journalistischen Zwecken anzuwenden ist. Eine entsprechende Regelung findet sich in § 9c des Rundfunkstaatsvertrags.
Der Pegida-Anhänger mit schickem Deutschland-Hut (#Hutbürger), der in dem Panorama-Beitrag zu sehen ist, lag also falsch. Eine Straftat ist journalistische Arbeit nicht, im Gegenteil. Als Teilnehmer einer Versammlung musste er hinnehmen, dass er gefilmt wird. Die Frage ist lediglich, ob die Aufnahmen auch veröffentlicht werden durften.
Wann dürfen Aufnahmen veröffentlicht werden?
Die Veröffentlichung von Foto- oder Videomaterial richtet sich hingegen nach dem Kunsturhebergesetz. Wenn nicht eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt, bedarf es einer Abwägung der beiderseitigen Interessen.
Das Kunsturhebergesetz nennt in § 23 KunstUrhG die Situationen, in denen das Veröffentlichungsinteresse dem Schutz der Persönlichkeit vorgeht.
Ohne eine Einwilligung dürfen hiernach veröffentlicht werden:
- Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
- Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
- Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
- Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
Eine Veröffentlichung von Aufnahmen, auf denen Personen abgebildet sind, ohne dass eine Einwilligung oder einer der oben genannten Fälle vorliegt, ist nach § 33 KunstUrhG strafbar.
Das ZDF hat Bilder von #Hutbürger veröffentlicht, das war auch zulässig. Denn #Hutbürger hat die Konfrontation mit dem Reporter-Team gesucht, er ist aus der Masse herausgetreten und hat mit seinem Handeln einen Anlass für die Berichterstattung gegeben.
Darf die Polizei auch Journalisten kontrollieren?
Grundsätzlich schon. Dazu benötigt die Polizei allerdings eine rechtliche Grundlage. Zeigt ein Pegida-Anhänger einen Journalisten wegen Beleidigung an, wird eine Identitätsfeststellung nach § 163b der Strafprozessordnung zulässig sein.
Stellt sich allerdings heraus, dass der Anzeigenerstatter wissentlich eine falsche Strafanzeige erstattet hat, ist eine solche falsche Verdächtigung nach § 164 des Strafgesetzbuchs eine Straftat.
Polizeiliche Maßnahmen müssen allerdings verhältnismäßig sein. Im Falle des Teams von Fontal21 wurden die Presseausweise und die Personalausweise zwei Mal kontrolliert. Hierdurch wurde die journalistische Arbeit erheblich länger beeinträchtigt, als dies erforderlich war. Aus meiner Sicht war das Handeln der Polizei daher nicht rechtmäßig.
Darf die Polizei filmen?
Im Video von „Frontal21“ ist zu sehen, dass die Polizei das Gespräch zwischen den Beamten und den betroffenen Journalisten filmt. Dies ist nur erlaubt, wenn eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht. Es muss also wahrscheinlich sein, dass die Journalisten z.B. eine Straftat begehen.
Sicherlich war die Situation aufgeheizt, wozu auch die Polizei beigetragen hatte, dass die Journalisten anfangen würden die Beamten zu beleidigen oder ähnliches, war aber nicht zu erwarten. Sie kritisierten das Vorgehen, das ist erlaubt (und auch nachvollziehbar). Meines Erachtens gab es für das Filmen keine Grundlage.
Basics im Polizeirecht sind Pflichtprogramm
Der Vorfall in Sachsen zeigt, dass Journalistinnen und Journalisten gut beraten sind, sich für den Fall der Fälle ein solides Basiswissen im Polizeirecht anzueignen. In der konkreten Situation kann auf diese Weise souverän agiert werden. Entsprechende Schulungen werden durch die Berufsverbände und Gewerkschaften angeboten – und wenn nicht, können sie angeregt werden.
Zudem sollten Journalistinnen und Journalisten ein Augenmerk auf die Strategien von Pregida, AfD und Co. legen, journalistische Arbeit durch Strafanzeigen oder ähnliches zu behindern.
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