Beleidigt, verleumdet, verächtlich gemacht – Wann Äußerungen zu unterlassen sind

In Presse und Medien präsent zu sein kann dem Ego schmeicheln – oder eine Existenz vernichten.  Jedem von uns bedeutet es etwas, was andere denken. Wenn sie schlecht über uns reden oder Unwahrheiten verbreiten, ist es uns nicht egal. Unsere Privatsphäre wollen wir schützen und die Kontrolle über das bewahren, was in die Öffentlichkeit gelangt.

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Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Durch das Internet sind Informationen weltweit für jeden zugänglich, sie können ohne große Probleme nahezu unendlich oft vervielfältigt und neu publiziert werden. Mit einem Klick auf „teilen“ kann ein großer Personenkreis erreicht werden. Ein Artikel, Blogpost oder Fernsehbeitrag, in dem negativ oder falsch berichtet wird, kann so üble Folgen haben.

Nicht nur ein kleiner Kreis von Prominenten ist betroffen, sondern zunehmend auch Unternehmen und Privatpersonen. Ein schlechter oder tendenziöser Erfahrungsbericht bei „TripAdvisor“, „Jameda“ oder anderen Bewertungsportalen kann dazu führen, dass Kunden abgeschreckt werden und Umsätze ausbleiben.

Für Journalistinnen und Journalisten ist das Internet zudem eine Informationsquelle, die sie verantwortungsvoll zu nutzen haben. Nicht alles, was online zu finden ist, darf auch verwendet werden. Man denke an die Boulevardmedien, die sich ohne Einverständnis an Fotos aus sozialen Netzwerken bedienen und sie gedruckt und online für ihre Berichterstattung nutzen.

Umso wichtiger ist es heute, rechtzeitig auf unzulässige Veröffentlichungen zu reagieren.

Schnell, aber umsichtig handeln

Mit einer klugen Strategie kann vermieden werden, dass der ohnehin angerichtete Schaden noch größer wird. Betroffene haben vielfältige rechtliche Möglichkeiten. Sie können

  • den Widerruf oder die Berichtigung falscher Tatsachenbehauptungen
  • die Unterlassung unzulässiger Äußerungen
  • von der Presse den Abdruck einer Gegendarstellung
  • in besonders schwerwiegenden Fällen die Zahlung von Schadensersatz oder eine Geldentschädigung

verlangen. Wann Äußerungen zu unterlassen sind, behandelt dieser Beitrag im Überblick.

Wichtig ist es, sich im Vorfeld intensiv Gedanken über das Ziel eines rechtlichen Vorgehens zu machen. Dabei drängt die Zeit, denn sobald man von einer Veröffentlichung weiß, beginnt die Uhr zu ticken. Manche Ansprüche können nur innerhalb eines engen Zeitfensters durchgesetzt werden. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig zu informieren und beraten zu lassen, wenn man seine rechtlichen Möglichkeiten optimal ausschöpfen will.

Auch wenn in der Regel schnell gehandelt werden muss, sollte das Vorgehen überlegt sein. Nur so kann vermieden werden, dass der Schaden noch größer wird (man denke z.B. an den „Streisand-Effekt“).

Unzulässige Äußerungen müssen unterlassen werden

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung. Wird dieses Recht durch eine unzulässige Äußerung verletzt, kann der Betroffene von dem Äußernden verlangen, dass er sie nicht wiederholt. Diesen Unterlassungsanspruch kann kann er gegebenenfalls auch gerichtlich durchsetzen.

Wann eine Äußerung unterlassen werden muss ist nicht einfach zu beantworten, weil die rechtliche Bewertung von vielen Faktoren abhängt. Der Äußernde kann ein berechtigtes Interesse daran haben, eine Behauptung aufzustellen. Auch wird derjenige, der sich in das Licht der Öffentlichkeit begibt, ein größeres Maß an Berichterstattung hinnehmen müssen als andere.

Es bedarf daher einer besonders sorgfältigen rechtlichen Prüfung und einer sauberen Argumentation, wenn ein Unterlassungsanspruch erfolgreich durchgesetzt werden soll.

Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung?

Für die Frage, ob eine Äußerung getätigt werden darf, ist vor allem maßgeblich, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder eine Meinungsäußerung handelt.

Es gilt, dass Tatsachenbehauptungen grundsätzlich zulässig sind, wenn sie wahr sind. Nur in Ausnahmefällen, beispielsweise wenn die Intimsphäre des Betroffenen berührt ist, kann auch eine wahre Tatsachenbehauptung untersagt werden. Ist eine Tatsachenbehauptung hingegen unwahr, besteht auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse daran, dass sie wiederholt wird.

Faustformel:
wahre Tatsachenbehauptung = zulässig – unwahre Tatsachenbehauptung = unzulässig

Eine Tatsachenbehauptung liegt dann vor, wenn die Äußerung dem Beweis zugänglich ist. Wird behauptet, A sei ein Schläger, kann dies durch Zeugen, Videoaufnahmen oder andere Beweismittel überprüft werden. Nicht überprüfbar sind hingegen Vorgänge in der Zukunft, so dass die Äußerung, der A werde sicher mal ein Krimineller, keine Tatsachenbehauptung darstellt.

Um eine Meinungsäußerung handelt es sich dann, wenn die Äußerung eine Wertung aufweist, sie also nicht als richtig oder falsch eingeordnet werden kann. Niemand kann die Äußerung beweisen, A sei brutal. Man kann man daher auch nicht schematisch verfahren, es kommt auf eine Abwägung der Interessen des Äußernden und des Betroffenen an. Ersterer kann sich auf die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) berufen, letzterer auf sein ebenfalls grundrechtlich geschütztes allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).

Zumeist – und hier wird es noch komplizierter – lassen sich Äußerungen allerdings nicht ganz klar zuordnen. Die Äußerung, A sei ein brutaler Schläger, beinhaltet sowohl Elemente der Meinung wie auch Tatsachen. Auch können Tatsachenbehauptungen verdeckt geäußert werden, wenn sich dem Leser „zwischen den Zeilen“ ein bestimmter Eindruck aufdrängt.

Wann ist eine Meinungsäußerung unzulässig?

Meinungsäußerungen sind rechtlich unzulässig, wenn sie Persönlichkeitsrechte verletzen. Zumeist wird dann auch eine strafrechtliche Grenze überschritten, z.B. Beleidigung (§ 185 StGB) oder übler Nachrede (§ 186 StGB).

Für die Einordnung einer Meinungsäußerung als zulässig oder unzulässig, ist in zwei Schritten vorzugehen und zu fragen:

  • Handelt es sich um eine Schmähkritik?
  • Überwiegt das Interesse daran, dass die Meinungsäußerung unterbleibt?

Schmähkritik ist eine Kritik, bei der die persönliche Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht und das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund tritt. Verkürzt könnte man sagen, dass die Herabsetzung und nicht die Diskussion in der Sache im Vordergrund steht. Schimpfwörter und andere Formalbeleidigungen fallen in diese Kategorie. Eine Schmähkritik tritt gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht stets zurück, eine Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten findet dann nicht statt.

Das Bundesverfassungsgericht legt den Begriff der Schmähkritik allerdings sehr eng aus. Solange ein sachlicher Bezug besteht, dies ist der Fall bei die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Fragen (u.a. politische Sachverhalte), kommt sie nur ausnahmsweise in Betracht. So hat das Landgericht Hamburg im Fall Böhmermann das Gedicht „Schmähkritik“ entgegen seines Titels gerade nicht als Schmähkritik angesehen.

Beispiele für zulässige Meinungsäußerungen

„Soldaten sind Mörder“ als Kritik am Beruf des Soldaten, Bezeichnung eines Anwalts in einem Verfahren vor der Rechtsanwaltskammer als „Winkeladvokat“.

Liegt keine Schmähkritik vor, ist zwischen der Meinungsfreiheit auf der einen und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf der anderen Seite abzuwägen. Das Ergebnis dieser Abwägung lässt sich allerdings, so das Bundesverfasssungsgericht, wegen der Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls nicht generell und abstrakt vorausbestimmen.

Weichenstellend ist, den Inhalt der Aussage vollständig zu erfassen. Zu klären ist, in welcher Hinsicht sie ihrem objektiven Sinn nach das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Es kann also nicht darauf ankommen, was der Äußernde sich gedacht hat, sondern wie die Aussage von einem unvoreingenommenen und verständigen Publikum verstanden wird.

Folge: Unterlassungsanspruch

Ergibt die Abwägung, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht überwiegt, kann der Äußernde gerichtlich dazu gezwungen werden, sie für die Zukunft zu unterlassen. Zuvor wird man ihn in aller Regel schriftlich abmahnen und dazu auffordern, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Kommt er dem nicht nach, kann bei Gericht eine einstweilige Verfügung erwirkt werden.

Eine gute anwaltliche Beratung zahlt sich aus, sowohl für den Betroffenen als auch den Äußernden. Dem entscheidenden Gericht muss verständlich klar gemacht werden, warum ein Unterlassungsanspruch im konkreten Fall besteht oder eben nicht. Die Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten sind vielfältig, der Erfolg hängt entscheidend von der richtigen Strategie ab.

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