Vor allem der schwerhörige Opa Hoppenstedt, ein Liebhaber der preußischen Marschmusik, ist uns ans Herz gewachsen. Dass sein Ausspruch „Früher war mehr Lametta“ und der im weiteren Verlauf aufscheinende Generationenkonflikt – dieses Jahr ist der Baum grün und umweltfreundlich – einmal die Gerichte beschäftigen würde, hätte sich Vicco von Bülow wohl kaum schöner ausdenken können.
Kommerzialisierung zu Weihnachten
Ein Onlinehändler hatte Waren angeboten, die mit „Früher war mehr Lametta“ bedruckt waren. Das allerdings ohne dazu besonders berechtigt zu sein. Eine Kommerzialisierung des Opa Hoppenstedt, wie sie in Zeiten des Internets viele Figuren ereilt.
Es war dann auch Sache des Oberlandesgerichts München zu entscheiden, ob die Erbinnen von Loriot sich gegen hiergegen erfolgreich zur Wehr setzen können. Die von ihnen beim Landgericht beantragte einstweilige Verfügung wurde zurückgewiesen. Auch die Beschwerde hatte keinen Erfolg (OLG München, Beschluss vom 14.08.2019 – 6 W 927/19).
Ein eher alltäglicher und belangloser Satz
Das Oberlandesgericht setzte sich mit der Frage auseinander, ob „Früher war mehr Lametta“ ein Sprachwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG darstellt. Das Urheberrecht schützt persönliche geistige Schöpfungen, wobei an Sprachwerke keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind. Kurze Wortfolgen sind nur dann schutzfähig, wenn sie besonders originell sind.
Dass viele Menschen den Satz mit Loriot und dem Sketch verbinden, reichte dem Oberlandesgericht daher nicht aus. Denn seine Besonderheit und Originalität erhalte er erst durch die Einbettung in den Sketch und die Situationskomik. Der Umstand, dass er von Loriot stamme, sei auszublenden. Mit einer etwas unweihnachtlichen Härte formuliert das Gericht:
Es handelt sich um einen eher alltäglichen und belanglosen Satz […], der entweder schlicht zum Ausdruck bringt, dass früher mehr Lametta benutzt wurde oder – unter Verwendung des Wortes „Lametta“ als Metapher – dass früher mehr Schmuck, Glanz, festliche Stimmung oder Ähnliches war.
OLG München, Beschluss vom 14.08.2019 – 6 W 927/19
Dass der Satz auch semantisch falsch ist, begründet nach Auffassung des Gerichts ebenfalls keine Originalität. Dass in der täglichen Umgangssprache die Regeln der Semantik allgemein befolgt werden und eine Abweichung hiervon dem Satz die erforderliche Werkqualität verleihe, weil sie sich von Formulierungen wie „Früher war alles anders“, „Früher gab es mehr Lametta“ oder „Früher war mehr Lametta vorhanden“ unterscheide, könne nicht festgestellt werden.
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Anwaltliche Überinterpretationen
Die Anwälte der Antragstellerinnen argumentierten für eine Werkqualität des Satzes durchaus kreativ: Der metaphorische Anknüpfungspunkt der Wortfolge bestehe zwar in der pauschalen Aussage, dass „früher alles besser“ gewesen sei. Die Aussage erschöpfe sich aber nicht darin, ein simples Beispiel zu nennen, vielmehr werde in Kombination mit der grammatikalisch falschen und daher albern klingenden Formulierung die Ansicht, früher sei alles besser gewesen, der Lächerlichkeit preisgegeben und ihrer Autorität völlig beraubt, weil die scheinbare Gegenwartskritik als bloße, inhaltsleere Kritik entlarvt werde.
Die Münchener Richter überzeugte das nicht. Sie sahen in diesen Überlegungen eine „Überinterpretation, durch die aus einem alltäglichen Satz noch kein urheberrechtlich geschütztes Werk wird.
Bekannt und doch nicht geschützt
Ein Weihnachtswunder blieb für die Antragstellerinnen damit aus. Ihnen bleibt noch die Möglichkeit, eine Klage in der Hauptsache zu erheben. Ob diese erfolgreich sein wird, muss allerdings bezweifelt werden.
Was wir aus diesem Verfahren lernen: Allein die Bekanntheit eines Satzes führt noch nicht dazu, dass ein Urheberrecht entsteht. Kurze Sätze sind nur in seltenen Fällen urheberrechtlich geschützt, sie müssen besonders und originell sein. Und mit diesen Erkenntnissen wünsche ich:
Frohe Weihnachten!
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