Dieser Beitrag gibt einen Überblick über das, was möglicherweise auf Sie zukommt und soll Ihnen eine erste Orientierung bieten.
Zugleich ist dringend zu empfehlen, dass Sie ein Disziplinarverfahren nicht alleine durchstehen, sondern einen Disziplinarverteidiger hinzuzuziehen – idealerweise ggf. bereits im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Eine optimale Verteidigung verbindet fachliche Kompetenz im Strafrecht und im Disziplinarrecht.
Das Disziplinarverfahren im Überblick
Der Ablauf von Disziplinarverfahren ist im Bundesdisziplinargesetz bzw. entsprechenden Landesgesetzen geregelt. Er ist in besonderem Maße formalisiert und weist viele Parallelen zum Strafprozess auf. In einem behördlichen Verfahren wird der Sachverhalt ermittelt, auf dieser Grundlage entscheidet die Behörde über die Disziplinarmaßnahme oder erhebt in besonders schweren Fällen eine Disziplinarklage zum Verwaltungsgericht.
Im Wesentlichen folgt das behördliche Disziplinarverfahren dem folgenden Ablauf:
- Einleitung des Disziplinarverfahrens und Bestimmung eines Ermittlungsführers/einer Ermittlungsführerin
- Ermittlung des Sachverhalts
- Anhörung der/des Betroffenen
- Abschließende Stellungnahme
- Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme oder Erhebung der Disziplinarklage
In jedem Verfahrensstadium bieten sich Möglichkeiten, das Verfahren aktiv zu gestalten. Es gilt, die Rechte der/des Betroffenen zu wahren und den Sachverhalt aus ihrer/seiner Sicht darzulegen. Auf diesem Wege kann mitunter eine günstigere Entscheidung der Behörde erreicht werden.
Einleitung des Disziplinarverfahrens
An erster Stelle steht die Einleitung des Disziplinarverfahrens. Diese wird in der Regel von Amts wegen durch den Dienstherrn erfolgen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass ein Beamter von sich aus die Einleitung eines Disziplinarverfahrens beantragt, um sich von dem Verdacht eines Dienstvergehens zu „reinigen“. In diesem Falle wird der Betroffene die Ablehnung des Antrags im Sinn haben.
Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens von Amts wegen ist der Regelfall. Sie setzt einen hinreichend konkreten Verdacht voraus, bloße Vermutungen reichen nicht aus. Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte von einigem Gewicht, wird der Dienstherr durch Vorermittlungen klären, ob ein Disziplinarverfahren einzuleiten ist. Kommt ein Disziplinarmaßnahme im Ergebnis nicht in Betracht, wird ein Verfahren nicht eingeleitet und der Betroffene über diese Entscheidung informiert.
Die Pflicht zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens trifft zunächst den Dienstvorgesetzten. Verzögert er sie entgegen seiner Dienstpflicht, so kann dies bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen sein. Die Aufsicht obligt dem höheren Dienstvorgesetzten und der obersten Dienstbehörde, also dem Ministerium. Diese können das Disziplinarverfahren jederzeit an sich ziehen.
Der Beamte ist sodann über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist. Hierbei ist ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen.
Der Aufklärung des Beamten über seine Rechte im Disziplinarverfahren kommt eine besondere Bedeutung zu. Denn sie stellt sicher, dass er sich effektiv gegen Vorwürfe verteidigen kann. Nicht jeder Verstoß führt allerdings dazu, dass Angaben trotz unterlassener Belehrung nicht verwertet werden können.
Ermittlung des Sachverhalts
Zur Aufklärung des Sachverhalts sind die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Dabei sind die belastenden, die entlastenden und die Umstände zu ermitteln, die für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme bedeutsam sind.
Von besonderer Bedeutung ist das Recht auf Akteneinsicht, das zwischen der Behörde und dem Betroffenen eine gewisse „Waffengleichheit“ herstellt. Ein Recht auf Einsicht in die Akten besteht sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Verfahren.
Generell gilt, dass Angaben zur Sache nicht ohne Akteneinsicht gemacht werden sollten. Bis dahin haben Beamte ein Schweigerecht, von dem sie Gebrauch machen sollten!
Wird einem Beamten oder seinem Rechtsanwalt vor Einleitung des Disziplinarverfahrens oder auch später das Recht auf Akteneinsicht unberechtigterweise vorenthalten, stellt dies einen schweren Verfahrensmangel dar.
Steht das Disziplinarverfahren im Zusammenhang mit einem strafrechtlich relevanten Verhalten und wird deshalb ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft geführt, ist das Disziplinarverfahren nach § 22 BDG zwingend auszusetzen.
Kommt es zu einer Verurteilung wegen einer rechtswidrigen Tat, sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren für das Disziplinarverfahren gemäß § 23 BDG bindend.
Umso wichtiger ist es, bereits im Rahmen des Strafverfahrens einen Disziplinarverteidiger zu beauftragen, um nicht bei einem scheinbar glimpflichen Urteil im Nachhinein eine Überraschung zu erleben.
Bereits im behördlichen Disziplinarverfahren kann und sollte der Betroffene aktiv auf das Verfahren einwirken. Dies ist ihm insbesondere durch das Recht, Beweisanträge zu stellen und bei Beweiserhebungen anwesend zu sein, möglich. Auch wenn eine spätere gerichtliche Überprüfung möglich ist, sollte frühzeitig eine durchdachte Verteidigungsstrategie entwickelt und verfolgt werden, um ggf. eine Disziplinarmaßnahme zu verhindern.
Beteiligung des Personalrats und anderer Stellen
Vor Erhebung der Disziplinarklage besteht ein Mitwirkungsrecht des Personalrats nach § 78 I Nr. 3 BPersVG. Eine Hinzuziehung des Personalrats erfolgt jedoch nur auf Antrag des Beamten. Über das Recht, den Personalrat in das Verfahren einzubeziehen, ist der Beamte zu belehren.
Die Gleichstellungsbeauftragte ist nach § 27 BGleiG bei Einleitung und den Abschluss eines Disziplinarverfahrens einschließlich der vorläufigen Dienstenthebung frühzeitig zu beteiligen. Voraussetzung ist, dass durch das konkrete Disziplinarverfahren Gleichstellungsbelange betroffen sind. Gleichstellungseblange sind der Gleichstellung von Frauen und Männern, der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit sowie dem Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.
Abschluss des behördlichen Verfahrens
Nach der Beendigung der Ermittlungen ist dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich abschließend zu äußern. Der Ermittlungsführer hat dem Betroffenen dazu das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen mitzuteilen. Im Anschluss entscheidet der Dienstvorgesetzte darüber, wie das behördliche Disziplinarverfahren abzuschließen ist. Möglich sind:
- Einstellung des Verfahrens,
- Disziplinarverfügung (wenn auf Verweis, Geldbuße gemäß, Kürzung der Dienstbezüge oder Kürzung des Ruhegehalts erkannt wird),
- Erhebung der Disziplinarklage (wenn Zurückstufung, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder bei Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts erstrebt werden).
Gegen eine Disziplinarverfügung steht dem Beamten der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht offen.
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