Die wichtigsten Infos im Überblick
- Rechtliche Einordnung: Negative Bewertungen können den Straftatbestand der Erpressung (§ 253 StGB) erfüllen, wenn die Drohung auf einen Vermögensvorteil abzielt.
- Unzulässige Bewertungen: Bewertungen, die auf unwahren Tatsachenbehauptungen basieren oder ohne tatsächlichen Kundenkontakt erfolgen, sind rechtswidrig und müssen nicht hingenommen werden.
- Vorgehen gegen anonyme Bewertungen: Auch bei anonymen negativen Bewertungen können Unternehmen rechtliche Schritte einleiten, etwa durch Kontaktaufnahme mit der Plattform und Aufforderung zur Löschung.
- Anwaltliche Unterstützung: Ein Anwalt für Medienrecht kann Unternehmen beraten, rechtliche Schritte einleiten und die Löschung unzulässiger Bewertungen durchsetzen.
Wann ist eine Bewertung als Erpressung anzusehen?
Eine Erpressung ist nach § 253 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Die juristische Bewertung ist aber nicht immer deckungsgleich mit dem landläufigen Verständnis. Damit eine Strafbarkeit vorliegt, müssen (grob gesagt) vier Punkte erfüllt sein.
Elemente einer Erpressung:
- Drohung mit Gewalt oder einem empfindlichen Übel
- Nötigung zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen
- Vermögensnachteil oder anderer Nachteil
- Absicht, sich selbst oder einen Dritten zu bereichern (Bereicherungsabsicht)
Nur wenn der Täter also durch die Drohung einen Vermögensvorteil erstrebt, beispielsweise einen Rabatt, kann er sich der Erpressung strafbar machen. Eine Erpressung ist keine Kleinigkeit. Sie wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Nicht jede negative Bewertung ist aber gleich eine Erpressung. Wenn Kund:innen unzufrieden sind, dürfen sie ihre Meinung öffentlich verbreiten, solange sie keine Falschbehauptungen aufstellen. Denn Artikel 5 des Grundgesetzes schützt die Meinungsfreiheit auch dann, wenn eine Äußerung für ein Unternehmen abträglich ist.
„Sie sind Opfer einer Bewertungserpressung? Wir prüfen Ihren Fall. Setzen Sie auf unsere technische und rechtliche Erfahrung.“
Wann ist eine negative Bewertung rechtswidrig?
Eine Bewertung kann auch dann unzulässig sein, wenn es sich nicht um eine Erpressung handelt. Dies ist der Fall, wenn sie Falschbehauptungen enthält oder so unsachlich sind, dass das Unternehmen sie bei Abwägung der gegenseitigen Interessen nicht mehr hinnehmen muss.
Die erste Weichenstellung ist, ob die Angaben in der Bewertung falsch sind. Juristisch wird grundlegend unterschieden zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen.
- Tatsachenbehauptungen sind durch Beweismittel überprüfbar, also Urkunden, Sachverständige oder Zeug:innen. Sie können wahr oder unwahr sein. Wahre Tatsachenbehauptungen sind in der Regel hinzunehmen, während Unwahrheiten unzulässig sind.
- Meinungsäußerungen sind Wertungen, also beispielsweise ob etwas „gut“ oder „schlecht“ ist. Sie lassen sich nicht objektiv als wahr oder falsch einordnen. Ob eine Leistung ihr Geld wert ist, ob der Service zufriedenstellend oder ob Mitarbeiter:innen freundlich waren – all das kann man so oder so sehen.
Wenn Meinungsäußerungen völlig aus der Luft gegriffen sind, können sie dennoch unzulässig sein. Schreibt beispielsweise eine Kundin, dass die Wartezeit in einem Restaurant zu lang sei, obwohl sie nicht warten musste oder nie Gast war, ist dies ebenfalls nicht zulässig.
Bewertung setzt Kundenkontakt voraus
Eine Bewertung setzt voraus, dass ein Kundenkontakt bestand. Andernfalls beruht sie nicht auf konkreten Erfahrungen, die bewertende Person kann sich also gar kein Bild von der Leistung des Unternehmens machen. Auch eine Sternebewertung ohne Text ist in diesem Fall nicht zulässig.
Die bewertende Person trägt dabei die Darlegungs- und Beweislast, dass die von ihr aufgestellten Behauptungen richtig sind. Lässt sich nicht feststellen, ob z. B. die Behauptung, das Essen in einem Restaurant sei erst nach 40 Minuten Wartezeit aufgetischt worden, steht dem betroffenen Unternehmen ein Unterlassungsanspruch zu.
Wie gegen anonyme Bewertungen vorgehen?
Unternehmen sind auch dann nicht schutzlos, wenn eine Bewertung anonym abgegeben wurde. Lässt sich anhand des Beitrags nicht feststellen, dass die bewertende Person tatsächlich Kund:in war, kann die Bewertung schon aus diesem Grund bei der Plattform beanstandet werden.
Die Plattform muss dann eine Stellungnahme der bewertenden Person einholen und diese muss dann auch Nachweise liefern, dass ein geschäftlicher Kontakt bestand. Das kann z. B. ein Kassenzettel sein. Kommt die bewertende Person der Aufforderung nicht nach, muss die Plattform die Bewertung löschen.
Steht fest, dass die bewertende Person in Kontakt zum Unternehmen stand, muss die Beanstandung gegenüber der Plattform konkret ausfallen. Sie müssen darlegen, warum die Bewertung genau rechtswidrig ist und ggf. Nachweise beifügen, damit Google, Tripadvisor oder welche Plattform auch immer auf einen Blick erkennen kann, ob an der Beschwerde etwas dran ist. Die bewertende Person wird dann mit der Beschwerde konfrontiert und kann ihrerseits etwas dazu sagen. Meldet sie sich nicht oder kann sie die Argumente nicht entkräften, ist die Bewertung zu löschen.
Auskunft über Bestandsdaten
Damit Sie direkt gegen die bewertende Person vorgehen können, gibt Ihnen das Gesetz mit dem etwas sperrigen Titel „Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz“ (TDDDG) einen Auskunftsanspruch gegen die Plattform. § 21 Abs. 2 TDDDG regelt, dass Plattformen „im Einzelfall Auskunft über […] vorhandene Bestandsdaten erteilen [müssen], soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger audiovisueller Inhalte“ erforderlich ist. Der Anspruch muss in einem gerichtlichen Auskunftsverfahren geltend gemacht werden, sodass eine Vertretung durch eine spezialisierte Anwaltskanzlei empfehlenswert ist.
Eine weitere Möglichkeit ist die Erstattung einer Strafanzeige. Die Ermittlungsbehörden müssen ermitteln, wenn eine Straftat in Betracht kommt. Im Zuge der Ermittlungen werden sie in der Regel eine Bestandsdatenabfrage bei der Plattform machen. Über einen Rechtsanwalt können Sie bei Abschluss der Ermittlungen eine Akteneinsicht beantragen, falls die bewertende Person identifiziert werden konnte.
Der Nachteil des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ist, dass es ziemlich lange dauern kann, bis Ergebnisse vorliegen. Selbst vorzugehen, gibt Ihnen die Möglichkeit, den Verfahrensverlauf zu steuern. Dies führt in der Tendenz zu besseren und schnelleren Ergebnissen.
Wie mit erpresserischen Bewertungen umgehen?
Erpresserische Bewertungen können nicht nur den Ruf eines Unternehmens erheblich schädigen, sondern auch wirtschaftliche Einbußen nach sich ziehen. Um diesen Risiken effektiv zu begegnen, ist ein sachliches und professionelles Vorgehen entscheidend.
Empfehlung zum Vorgehen:
- Sachverhalt klären und Beweise sichern
Handelt es sich um einen echten Kunden? Sind die Behauptungen tatsächlich zutreffend? - Rechtliche Strategie festlegen
Soll gegen die Plattform vorgegangen werden oder gegen die bewertende Person? Nicht immer ist es klug, sofort zu reagieren. Manchmal kann es sinnvoll sein, etwas Zeit ins Land gehen zu lassen, da das Interesse der bewertenden Person, um ihre Bewertung zu „kämpfen“, mit der Zeit nachlassen dürfte. - Öffentliches Reputationsmanagement
Nicht jede Bewertung ist angreifbar und nicht immer ist es zweckmäßig, direkt zu rechtlichen Mitteln zu greifen. Auch eine proaktive Kommunikation kann die negativen Auswirkungen der Bewertung vermindern – teilweise können Sie sogar Pluspunkte bei potenziellen Kund:innen sammeln. Entscheidend ist ein sachlicher und souveränder Umgang mit Kritik.
Der erste Schritt besteht darin, die Bewertung gründlich zu analysieren. Prüfen Sie, ob der Inhalt konkrete Vorwürfe enthält oder ob die Bewertung oberflächlich und unspezifisch formuliert ist. Dies hilft zu beurteilen, ob es sich möglicherweise um eine gezielte Rufschädigung handelt.
Identifizieren Sie außerdem, ob der Verfasser der Bewertung ein echter Kunde ist oder ob ein Fake-Account dahintersteckt.
Für die weiteren Schritte müssen Sie alle relevanten Beweise sichern: Fertigen Sie Screenshots der Bewertung an und archivieren Sie jede Kommunikation, die mit der Erpressung in Verbindung steht. Eine lückenlose Dokumentation ist unerlässlich, um rechtliche Maßnahmen einzuleiten.
„Sie sind Opfer einer Bewertungserpressung? Wir prüfen Ihren Fall. Setzen Sie auf unsere technische und rechtliche Erfahrung.“
Ein direkter Kontakt mit dem Verfasser kann in manchen Fällen helfen, die Situation zu klären. Aber natürlich nur, wenn sein Verhalten dazu Anlass gibt. Mitunter kann ein Kontakt die Sache auch verschlimmern, beispielsweise wenn der Verfasser sich angestachelt fühlt, weitere Rufschädigungen in die Welt zu setzen.
Falls sich der Verdacht erhärtet, dass es sich um eine gezielte Erpressung handelt, beispielsweise durch die Forderung nach Geld oder anderen Gegenleistungen, ist es in jedem Fall ratsam, keinen Kontakt aufzunehmen und die weiteren Schritte juristisch zu prüfen. Wichtig ist, niemals auf Erpressungsforderungen einzugehen, da dies nicht nur rechtlich problematisch ist, sondern auch zukünftige Erpressungsversuche nach sich ziehen könnte.
Parallel dazu sollte die Erpressung sorgfältig dokumentiert werden. Alle relevanten Daten – wie der Inhalt der Bewertung, die Zeitpunkte der Veröffentlichung und der Kommunikation sowie mögliche Forderungen des Verfassers – sollten festgehalten werden. Diese Informationen bilden die Grundlage für rechtliche Schritte, wie etwa die Beantragung einer Löschung der Bewertung oder die Einleitung einer Strafanzeige. Durch diese systematische Vorgehensweise lassen sich die negativen wirtschaftlichen Folgen minimieren und das Unternehmen vor weiterem Schaden schützen.
Erpressung durch negative Bewertung: Wann zum Anwalt?
Ein Anwalt für Medienrecht kann Sie durch fundierte Kenntnisse im Internet- und Medienrecht dabei unterstützen, rechtliche Schritte einzuleiten und den Schaden durch erpresserische Bewertungen zu minimieren.
Ihr Anwalt prüft zunächst, ob die betreffende Bewertung gegen geltendes Recht verstößt. Dazu gehört die Analyse, ob die Bewertung falsche Tatsachenbehauptungen enthält. Auf Grundlage dieser Prüfung entwickelt der Anwalt eine individuelle Strategie, wie rechtlich gegen die Bewertung vorgegangen werden kann.
Ein wesentlicher Schritt ist die Beantragung der Löschung der Bewertung bei der jeweiligen Plattform. Der Anwalt kann eine formal korrekte und rechtlich fundierte Aufforderung zur Löschung formulieren. Sollte die Plattform nicht reagieren, können weitere rechtliche Schritte, etwa gerichtliche Anordnungen, eingeleitet werden.
Handelt es sich um eine Erpressung, die über die Bewertung hinausgeht, unterstützt ein Anwalt bei der Einleitung strafrechtlicher Maßnahmen. Dies kann eine Strafanzeige wegen Erpressung (§ 253 StGB) beinhalten, wobei die relevanten Beweise aufbereitet werden. Zudem besteht die Möglichkeit, zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen, etwa in Form von Schadensersatz oder Unterlassung gegen den Verfasser der Bewertung.
Neben der rechtlichen Akuthilfe unterstützt Sie ein Anwalt für Medienrecht auch bei der Fomulierung von Statements. Es kommt hier nicht nur auf rechtliche Expertise an, vielmehr muss der Anwalt ein besonderes sprachliches Feingefühl und Erfahrung in Krisenkommunikation haben
Ihr Berater: Dr. Jasper Prigge
Durch seine jahrelange Tätigkeit in der journalistischen Aus- und Fortbildung sowie als Pressesprecher weiß Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge, wie mit negativen Bewertungen umzugehen ist. Als Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht verfügt er zudem über viel Prozesserfahrung.
Nicht zu unterschätzen ist zudem der Aufbau eines effektiven Reputationsmanagements, um zukünftige Vorfälle zu vermeiden. Ein Anwalt kann Sie unterstützen, interne Richtlinien für den Umgang mit Bewertungen zu entwickeln und rechtliche Risiken frühzeitig zu identifizieren.
Schreiben Sie einen Kommentar