Kurz gesagt: Es soll vermieden werden, dass Ihre Produkte und Dienstleistungen aufgrund der Ähnlichkeit der Marken mit denen eines anderen Unternehmens verwechselt werden. Der Verkehr also denkt, die Produkte / Dienstleistungen würden aus demselben Unternehmen stammen.
Darüber hinaus soll auch vermieden werden, dass irrig Unternehmensverbindungen zwischen den beteiligen Unternehmen angenommen werden bzw. die Unternehmen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.
Die Verwechslungsgefahr ist somit einer der wichtigsten Begriffe im Markenrecht. Sie entscheidet, ob Markeninhaber:innen sich gegen Dritte gegen die Benutzung von ähnlichen Zeichen wehren können. Aber auch wenn Sie eine Marke anmelden wollen, sollten Sie vorher weitestgehend ausschließen, dass eine Verwechslungsgefahr in Bezug auf andere Marken vorliegt, anderenfalls riskieren Sie einen Widerspruch und eine Abmahnung. Im schlimmsten Fall wird Ihre Marke gelöscht und Sie bleiben auf allen Kosten sitzen. Ein aufwendigen Rebranding ist in diesem Fall auch nötig.
Eine professionelle Markenrecherche kann hohe Folgekosten sparen. Bei der Eintragung Ihrer Wunschmarke begleiten wir Sie mit unserem Know-how.
Wichtig ist, dass das Markenrecht ein Zeichen grundsätzlich nie absolut schützt, sondern immer nur in Verbindung mit den angemeldeten Waren- und Dienstleistungsklassen. Wenn Sie also zum Beispiel das Zeichen „Wunderland“ als Marke für Mountainbikes anmelden, besteht mit der Nutzung des Zeichens „Wunderland“ durch Dritte für Finanzdienstleistungen kaum Verwechslungsgefahr. Anders könnte es vielleicht schon bei Fahrradhelmen oder Sportveranstaltungen aussehen. Anders ist es nur bei äußerst bekannten Marken (z.B. Coca-Cola), hier „strahlt“ die Bekanntheit der Marke auch auf alle anderen Waren- und Dienstleistungsklassen aus.
Es gibt somit vier verschiedene Konstellationen, in denen Verwechslungsgefahr vorliegen kann:
Marke und Zeichen identisch | Waren/Dienstleistungen identisch |
Marke und Zeichen nur ähnlich | Waren/Dienstleistungen identisch |
Marke und Zeichen nur ähnlich | Waren/Dienstleistungen nur ähnlich |
Marke und Zeichen identisch | Waren/Dienstleistungen nur ähnlich |
Welche Faktoren entscheidend sind
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob Verwechslungsgefahr [… ] vorliegt, […] unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt.
BGH GRUR 2006, 859 Tz. 16 – Malteserkreuz
Das bedeutet, dass es mehrere Faktoren gibt, die die Entscheidung, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, beeinflussen:
- Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
- Grad der Ähnlichkeit der Marken
- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Wichtig ist, dass es hierbei auf den Gesamteindruck der zu vergleichenden Zeichen ankommt. Ähnlichkeit bedeutet nicht, dass die Zeichen in denselben Waren- und Dienstleistungsklassen benutzt werden müssen. Auch zwischen inhaltlich angrenzende Klassen, zum Beispiel Bewirtungsdienstleistungen einerseits und Lebensmitteln wie Tomatenketchup, kann Ähnlichkeit bestehen (hier denken wir natürlich an eine schöne Portion Pommes mit Ketchup im Strandbad).
Bei einem Vergleich zweier Marken kommt es hauptsächlich auf die unterscheidungskräftigen Elemente an. In unserem Beitrag über die Unterscheidungskraft von Marken erläutern wir dies ausführlich, z.B. warum für die angebotenen Waren- und Dienstleistungen rein beschreibenden Elementen (zum Beispiel das Zeichen „sprudelig“ für Mineralwasser) keine Unterscheidungskraft zukommt.
Unterscheidungskräftig
Für den BGH fehlt der Wortmarke “Pippi Langstrumpf” für Dienstleistungen im Bereich Beherbergung von Gästen nicht jegliche Unterscheidungskraft. Assoziationen mit der Romanfigur können höchsten zu einem beschreibenden Anklang der Marke führen, beseitigen aber nicht die Eignung als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betroffenen Dienstleistung – BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 (I ZB 97/16)
Nicht unterscheidungskräftig
Der BGH bemängelt hier vor allem die beschreibende Bedeutung der Wortfolge der angegriffenen Marke. Die Wortfolge „Gute Laune Drops“ sei zumindest für die Waren „Feine Backwaren, Konditorwaren, Kekse, Gebäck u.a.“ nicht unterscheidungskräftig. Es gebe in diesem Bereich bereits eine Vielzahl von Werbeslogans mit der Wortfolge „Gute Laune“, so dass es auch nicht darauf ankomme, ob der „Gute-Laune-Effekt“ wissenschaftlich belegt ist. – BGH Urteil vom 10. Juli 2014 (I ZB 18/13)
Keine starre Anwendung von Erfahrungsregeln
Dabei ist nach Ansicht von EuGH und BGH zu beachten, dass Verbraucher:innen selten zwei Marken direkt miteinander unmittelbar vergleichen. Es kommt daher auf die undeutliche Erinnerung an, die im Gedächtnis verbleibt. Wenn Sie an unseren Lieblingsschokoriegel denken, können Sie sich vielleicht an die Farben der Verpackung erinnern, vielleicht auch an ein Logo oder den Markenschriftzug.
Sie werden es aber selten schaffen, das Produkt beziehungsweise die Marke eins zu eins aus dem Gedächtnis nachzuzeichnen. Das ist von den Gerichten mit der undeutlichen Erinnerung gemeint. Auch werden Sie sich kaum an alle Einzelheiten erinnern, sondern haben eher einen Gesamteindruck von unterschiedlichen Marken.
Darüber hinaus kommt es auch auf den Konsument:innenkreis an. Bei Marken für Schokoriegel, die grundsätzlich alle Menschen kaufen, gelten andere Anforderungen als bei Marken für Kanzleisoftware. Der EuGH hat hierzu das Leitbild von „durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen“ Durchschnittsverbraucher:innen aufgestellt. Dabei unterscheidet sich deren Aufmerksamkeit nach der Art der Ware oder Dienstleistung. Käufer:innen von Mineralwasser werden der Marke eher geringere Aufmerksamkeit entgegenbringen als Käufer:innen eines hochpreisigen Sportwagens.
Beispiele für Verwechslungsgefahr
Das Markenrecht ist sehr stark von einer Vielzahl von Einzelfallentscheidungen geprägt. Die hier angeführten Beispiele können aber Anhaltspunkte geben, worauf es den Gerichten ankommt und ob in ähnlichen Fällen das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr nahe liegt.
Verwechslungsgefahr bejaht
AREVA MZ und ARENA (beide Klasse 5) – BPatG, 02.07.2018 – 25 W (pat) 513/16
DOUBLE COFFEE und double_coffee_berlin (beide Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen) – OLG Hamburg, 29.12.2020 – 3 U 113/20
Mango und limango (jedenfalls im Bereich Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen) – BPatG, 07.10.2019, Az. 29 W (pat) 26/15
MIDAS und medAS (bei weitgehend identischen Waren und Dienstleistungen) – BGH, 13.11.2003 – I ZR 184/01
Verwechslungsgefahr verneint
Lindt Teddy und Haribo „Goldbären“ (beide Süßwaren) – BGH, 23.09.2015, Az. I ZR 105/14
Aida und AIDU (beide Reisedienstleistungen) – BGH, 29.07.2009 – I ZR 102/07, Rn. 15
Schutz für bekannte Marken § 14 Abs. 1 Nr. 3
Darüber hinaus schützt das Markengesetz Inhaber:innen von bekannten Marken besonders. Es verbietet zwar nicht die absolute Benutzung bekannter Marken oder ihnen ähnlicher Zeichen, im Endeffekt läuft es aber oftmals darauf hinaus. Hier soll vor allem vermieden werden, dass die Wertschätzung für bekannte Marken ausgenutzt wird.
Wann eine Marke bekannt ist, ist umstritten. Es soll jedoch bezogen auf die Gesamtbevölkerung ein Mindestgrad von 30 % an Verkehrsbekanntheit ausreichen. Das heißt, bei einer zufällig durchführten Befragung von 1.000 Personen müssten davon 300 Personen die Marke kennen. Darüber hinaus spielen auch Kriterien wie der Marktanteil oder Umfang und Dauer der Nutzung der Marke eine Rolle.
Anspruch der bekannten Marke bejaht
The North Face und The Dog Face (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.6.2022, Az. 6 W 32/22)
Anspruch der bekannten Marke verneint
VOLKSWAGEN und Volks-Inspektion, Volks-Reifen und Volks-Werkstatt (OLG München, Urteil vom 20. 10. 2011 – 29 U 1499/11)
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