In seinem Beschluss vom 23.11.2010 (5 A 2288/09) stellt es klar, dass der Einsatz von Video-Kameras einen Eingriff in die Grundrechte auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) und informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) darstellt, der im Falle eines friedlichen Verlaufs der Demonstration nach der geltenden Gesetzeslage nicht gerechtfertigt ist.
Kameraeinsatz abschreckend
Der Einsatz von Kameras ist im Bereich von Versammlungen problematisch, weil das Filmen von Demonstrationsteilnehmern „bei den Versammlungsteilnehmern das Gefühl des Überwachtwerdens mit den damit verbundenen Unsicherheiten und Einschüchterungseffekten zu erzeugen.“ (OVG NRW, a.a.O., juris Rn. 4). Hierdurch könnten einzelne Bürger von der Wahrnehmung ihres Grundrechts auf Versammlungsfreiheit so abgeschreckt werden, dass sie auf eine Teilnahme an der Demonstration verzichten. Dieser Effekt führt dazu, dass es sich bei der Überwachung um einen Grundrechtseingriff handelt. Deshalb muss sich die Polizei auf eine gesetzliche Grundlage stützen können.
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Gesetzlich Regelung im VersG zum Kameraeinsatz
Der Einsatz von Kameras ist in den §§ 19a, 12 a Versammlungsgesetz (VersG) geregelt. Hiernach darf die Polizei nur dann „Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen anfertigen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen.“ Es muss also zumindest irgendwie konkret erkennbar sein, dass möglicherweise Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von den Teilnehmern der Demonstration begangen werden.
Im Falle des vom OVG NRW zu behandelnden Falls wurden zwar keine Aufnahmen angefertigt, aber „auch wenn die Bilder lediglich in Echtzeit übertragen und nicht gespeichert worden sind und dies dem Versammlungsleiter mitgeteilt worden ist, war die aufnahmebereite Kamera über die gesamte Dauer der Veranstaltung von einem ausgefahrenen Kameraarm eines unmittelbar vorausfahrenden Beweissicherungsfahrzeugs der Polizei auf die nur etwa 40 bis 70 Versammlungsteilnehmer gerichtet. Bei dieser Ausgangslage ist die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, die Videobeobachtung habe die grundrechtlich relevante Eingriffsschwelle überschritten und die innere Versammlungsfreiheit der Teilnehmer beeinträchtigt. Bürger hätten aus Sorge vor staatlicher Überwachung von der Teilnahme an der Versammlung abgeschreckt werden können. Durch die Kameraübertragung war auch ohne Speicherung eine intensive, länger andauernde und nicht nur flüchtige Beobachtung selbst einzelner Versammlungsteilnehmer auf einem Monitor im Fahrzeuginnenraum möglich. Zudem war bei der aufnahmebereiten Kamera aus Sicht eines (verständigen) Versammlungsteilnehmers zu befürchten, die Aufnahme könne beabsichtigt oder versehentlich jederzeit ausgelöst werden.“ (OVG NRW, a.a.O., juris Rn. 3).
Fazit
Bei friedlichen Versammlungen darf die Polizei ihre Kameras nicht auf die Versammlung richten. Wenn sie dies tut, ohne dass es Anhaltspunkte für mögliche Gefahren gibt, sie sich also außerhalb der Grenzen der §§ 19a, 12a VersG bewegt, ist die Maßnahme rechtswidrig.
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