Autorisierung von Zitaten – Muss die Presse sich daran halten?

In Interviewsituationen stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Presse dem Wunsch, dass Zitate vor der Veröffentlichung autorisiert werden, entsprechen muss. Journalistinnen und Journalisten empfinden dies mitunter als Unsitte, wenn es nicht um komplizierte Sachverhalte geht.

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Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Aber sind sie auch verpflichtet, der Bitte um eine Autorisierung von Zitaten nachzukommen? In diesem Beitrag erläutern wir die rechtlichen Anforderungen an eine zulässige Veröffentlichung von Zitaten.

Recht am gesprochenen Wort

Im Ausgangspunkt hat jeder Mensch das Recht am gesprochenen Wort. Dieses gewährleistet die Selbstbestimmung über die eigene Darstellung der Person in der Kommunikation mit anderen. Das Selbstbestimmungsrecht erstreckt sich dabei auch auf die Auswahl der Personen, die Kenntnis vom Gesprächsinhalt erhalten sollen.

So ist es nicht erlaubt, andere Personen ein Gespräch mithören zu lassen, wenn die interviewte Person hiervon nichts weiß. Auch dürfen Journalistinnen und Journalisten ein Gespräch nicht heimlich aufnehmen, denn dies wäre nach § 201 StGB als Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes sogar strafbar.

Aber auch im Falle, dass die betroffene Person in eine Aufnahme einwilligt, darf die Presse sie nicht über ihren Kopf hinweg verwenden. Denn mit der Aufnahme werden neben dem Inhalt des Gesagten auch alle Einzelheiten des Ausdrucks fixiert, z.B. Stimme, Betonung. Dies beeinträchtigt das Persönlichkeitsrecht der aufgenommen Person in erheblichem Maße.

Zum Vergleich: Recht am eigenen Bild

Die Veröffentlichung von Bildnissen unterliegt vergleichbaren Beschränkungen. Sie bedarf nach § 22 KunstUrhG grundsätzlich einer Einwilligung der betroffenen Person. Dabei kann die Person, die abgebildet wurde, ihre Einwilligung in die Veröffentlichung auch dann verweigern, wenn sie zunächst mit der Anfertigung der Aufnahme einverstanden war. Es gibt aber Sondersituationen, in denen eine Veröffentlichung auch ohne Einwilligung zulässig ist.

Dabei ist die unmittelbare Kommunikation geschützt, die Gesprächsinhalte unterfallen hingegen nicht dem Recht am gesprochenen Wort. Sie können aber als Informationen aus dem Bereich der Vertraulichkeits- und Geheimsphäre geschützt sein (siehe dazu unten).

Zitate verkörpern das gesprochene Wort

Bei Zitaten gilt, dass auch sie den Wortlaut eines sonst flüchtigen Gesprächs fixieren. Durch die Niederschrift können die Äußerungen im Einzelnen nachvollzogen werden. Der Bundesgerichtshof hat daher auch im Falle der Veröffentlichung eines Telefonmitschnitts in schriftlicher Form das Recht am gesprochenen Wort als berührt angesehen:

[D]er personale Charakter [einer solchen] Aufzeichnung ist kaum geringer als bei einer Tonbandaufnahme. Sie erhebt, auch wenn sie den Klang der Stimme nicht wiedergibt, denselben Anspruch auf authentische Beurkundung der Eigensphäre der Gesprächsbeteiligten. Zugleich birgt die Beschränkung des Lesers auf den optischen Eindruck die Gefahr, daß die Aufzeichnung ein persönlichkeitsverfremdendes Eigengewicht erhält, in dem nur durch die Sprache zum Ausdruck kommende Schärfungen und Abschwächungen verloren gehen.

BGH, Urteil vom 19.12.1978 – VI ZR 137/77 – Kohl/Biedenkopf

Zitate aus Einzelgesprächen darf die Presse daher nur dann veröffentlichen, wenn das öffentliche Informationsinteresse im Einzelfall das Interesse der zitierten Person überwiegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Presse durchaus über Inhalte des Gesprächs berichten kann, ohne dass sie in das Recht am gesprochenen Wort eingreift.

Wir halten daher fest: Behält sich eine Person vor, dass eine Veröffentlichung von Zitaten nur nach einer Autorisierung erfolgen darf, kann sie sich auf das Recht am gesprochenen Wort berufen. Die Presse darf sich nicht einfach über diesen Wunsch hinwegsetzen.

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Verfälschte Zitate sind unzulässig

Die Rechtsprechung verlangt bei Zitaten eine hohe Genauigkeit,. Die Presse muss die zitierte Person bei wörtlichen Zitaten exakt wiedergeben. Denn diese wird durch das wörtliche Zitat geradezu als „Zeugin gegen sich selbst“ angeführt. Zudem steckt in einem wörtlichen Zitat immer auch die Aussage, eine Person habe sich genau so geäußert.

Weicht das Zitat von der Äußerung ab, handelt es sich um eine falsche Tatsachenbehauptung, gegen die sich die betroffene Person zur Wehr setzen kann. Nur ausnahmsweise ist ein formales Falschzitat zulässig, beispielsweise wenn es sich nicht abträglich auf die Darstellung des Betroffenen in der Öffentlichkeit auswirkt.

Eine Autorisierung kann an dieser Stelle auch für die Presse hilfreich sein, gerade bei Interviews. Denn mit ihr bestätigt die betroffene Person nicht nur, dass sie zitiert werden will, sondern auch die Korrektheit des Zitats.

Übrigens: Ein Zitat ist auch dann falsch, wenn es in dem Kontext, in dem es steht, sinnentstellend ist.

Vertraulichkeits- und Geheimsphäre

Problematisch sind Zitate aus Schreiben, die von der betroffenen Person verfasst wurden. Sie können der Vertraulichkeits- und Geheimsphäre unterfallen. Diese schützt das Interesse daran, dass der Inhalt einer privaten Kommunikation nicht an die Öffentlichkeit gelangt und die Kommunikationsinhalte nicht in verkörperter Form für die Öffentlichkeit verfügbar werden.

Aber: Der bloße Geheimhaltungswille ist nicht geschützt. Zitate aus Anwaltsbriefen sind beispielsweise erlaubt, selbst wenn der Anwalt bzw. die Anwältin eine Veröffentlichung ausdrücklich untersagt. Denn bei einer rechtlichen Auseinandersetzung handelt es sich gerade nicht um eine private Kommunikation. An anderer Stelle haben wir bereits ausführlich behandelt, wann Zitate aus Anwaltsschreiben erlaubt sind.

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Vertrauliche Dokumente wie z.B. E-Mails, Tagebuchaufzeichnungen oder auch Whatsapp-Chats sind hingegen nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, sodass sie in der Tendenz nicht veröffentlicht werden dürfen. Ausnahmsweise dürfen auch private Informationen veröffentlicht werden. Voraussetzung ist, dass das Interesse der Öffentlichkeit so groß ist, dass es das Interesse der betroffenen Person an der Wahrung der Vertraulichkeit überwiegt.

Autorisierung von Zitaten rechtlich verpflichtend

Die Presse wird bei Zitaten aus vertraulichen Gesprächen in der Regel die Zustimmung der betroffenen Person einholen, wenn diese es wünscht. Es gilt der Grundsatz: Eine Autorisierung von Zitaten ist verpflichtend. Wenn sie Äußerungen wörtlich oder sinngemäß wiedergibt, muss sie genau sein und darf den Sinn nicht verfälschen. Andernfalls kann dies eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen. In der Folge kann sie gegen die Veröffentlichung presserechtlich vorgehen.

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