- Nach geändertem Geschlechtseintrag: Früherer Name in Facebook-Post veröffentlicht
- Plattform löscht Beitrag trotz Abmahnung nicht
- Landgericht Hamburg erlässt einstweilige Verfügung
Das Landgericht Hamburg hat das soziale Netzwerk Facebook im Wege einer einstweiligen Verfügung verpflichtet, einen Beitrag zu löschen, in dem der sog. Deadname des Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten Dr. Adrian Hector (Bündnis 90/Die Grünen) verbreitet worden war. Damit hat erstmals ein Gericht anerkannt, dass trans* Menschen nach dem Geschlechtseintrag-Selbstbestimmungs-Gesetz (SBGG) ein Unterlassungsanspruch zusteht, wenn ihr früherer Name gegen ihren Willen offenbart wird.
Hintergrund des Verfahrens:
Als Politiker ist Adrian Hector bereits seit Monaten Anfeindungen im Netz ausgesetzt. In Hasskommentaren wird er vor allem wegen seiner Geschlechtsidentität attackiert. In einem Beitrag vom 8. November hatte ein Nutzer auf Facebook den Namen veröffentlicht, den Hector vor der Änderung seines Geschlechtseintrags hatte. Da die Plattform den Beitrag trotz Aufforderung nicht löschte, beantragte er den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Das Landgericht Hamburg untersagte der Plattformbetreiberin Meta Platforms Ireland Limited mit Beschluss vom 08.01.2024, den Namen zu verbreiten und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung die gesetzlichen Ordnungsmittel (u. a. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €) an. Ein Unterlassungsanspruch stehe dem Antragsteller aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 Geschlechtseintrag-Selbstbestimmungs-Gesetz (SBGG) zu. Der angegriffene Beitrag verstoße gegen das Offenbarungsverbot des § 13 Abs. 1 Satz SBGG, wonach die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtsangabe und die bis zur Änderung eingetragenen Vornamen ohne Zustimmung dieser Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden dürfen. Dieses Offenbarungsverbot richtet sich nicht nur an staatliche Stellen, sondern auch an private Personen. Die Plattform hafte für den rechtswidrigen Beitrag, da sie trotz eines konkreten Hinweises ihren Prüfungspflichten nicht nachgekommen sei.
Reaktionen der Verfahrensbeteiligten:
„Dieser Sieg bedeutet mir unglaublich viel. Es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Anerkennung und Schutz der Rechte von trans* Menschen. Das Gericht hat klargestellt, dass wir nicht einfach alles hinnehmen müssen und dass der Staat uns schützt, wenn unsere Identität missachtet wird. Diese Entscheidung stärkt unsere Gemeinschaft und sendet ein deutliches Signal, dass wir das Recht haben, unser Leben selbstbestimmt zu führen – auch online. Ich hoffe, dass dieses Urteil auch anderen trans* Menschen Mut macht, für ihre Rechte einzutreten und sich gegen Diskriminierung zu wehren.“ erklärt Dr. Adrian Hector zum Verfahren.
„Niemand muss hinnehmen, wenn sein Deadname verbreitet wird. Es handelt sich um die erste Gerichtsentscheidung, die einen auf das Selbstbestimmungsgesetz gestützten Unterlassungsanspruch anerkennt“, so Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge, der das Verfahren geführt hat. „In der aktuellen Diskussion darum, ob Plattformen sich aus der Contentmoderation zurückziehen, ist diese Entscheidung ein wichtiges Signal. Denn Persönlichkeitsrechte gelten auch im virtuellen Raum und Betroffene können gegen Rechtsverletzungen effektiv vorgehen. Straftaten zum Nachteil von Herrn Dr. Hector werden konsequent zur Anzeige gebracht.“
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Antragsgegnerin kann Widerspruch einlegen.
Pressemitteilung aufgegriffen:
Beck Aktuell: Facebook muss Post mit „Deadname“ löschen
FAZ: Gericht: Facebook muss Post mit «Deadname» löschen
Sat1: Gericht: Facebook muss Post mit «Deadname» löschen
Queer.de: Facebook muss Deadname löschen
männer*: „Wir müssen uns nicht alles gefallen lassen!” – Facebook muss löschen!
Schwulissimo: Facebook muss Deadname eines Hamburger Politikers wegen Verstoß gegen das Selbstbestimmungsgesetz löschen