Welche bekannten Rechtsanwaltsfachangestellten kennst du? Wer vor 1990 geboren ist, kommt vielleicht noch auf den Film „Erin Brokovich“ mit Julia Roberts, die einen Umweltskandal aufdeckt und deren Kanzlei (erfolgreich) einen Energiekonzern auf Schadensersatz verklagt* – das war’s dann aber auch.
Rechtsanwaltsfachangestellte (ReFas) sind in der Öffentlichkeit ziemlich unsichtbar und wenn man nach ihrem Beruf fragt, haben viele eine falsche Vorstellung davon, was sie tun.
Wir meinen: Das muss sich ändern.
Ein Bild aus dem letzten Jahrhundert
Kanzleien wären ohne Fachangestellte völlig aufgeschmissen. Sie managen den Alltag im Büro. Wenn Mandant:innen eine Frage zu ihrem Fall haben, Kosten berechnet werden oder Geld von bockigen Schuldnern eingetrieben werden muss, sind Rechtsanwaltsfachangestellte am Zug.
Das (abwertende) Bild der „Tippse“ stammt aus dem letzten Jahrhundert. Heute wird Schreibarbeit entweder durch Spracherkennung erledigt oder die Anwält:innen schreiben selbst. Moderne Kanzleien arbeiten vollständig digital. Bei uns muss niemand Papierakten durch die Gegend schleppen, denn wir haben keine. Briefe verschicken wir so gut wie gar nicht und viele Mandant:innen machen ihre Termine mit uns online. Das hat auch die Arbeit von Rechtsanwaltsfachangestellten verändert.
Rechtsanwaltsfachangestellte haben einen eigenen Arbeitsbereich, in dem sie selbst Probleme lösen, Vorschläge erarbeiten und Entscheidungen treffen. Wir unterstützen diese Entwicklung und treiben sie auch aktiv voran. Zum Beispiel setzen wir uns als Team regelmäßig zusammen und diskutieren, wie wir lästige Arbeiten einfacher machen können. Dadurch haben wir mehr Zeit für die wichtigen Dinge, vor allem für unsere Mandant:innen. Sicherlich ist jede Kanzlei anders und einige werden noch Diktate abtippen lassen. Aber es handelt sich um eine aussterbende Art und Rechtsanwaltsfachangestellte werden sich künftig genau aussuchen, wie sie arbeiten wollen.
Azubi-Zahlen rückläufig
Immer weniger junge Menschen beginnen eine Ausbildung zur/zum ReFa. In den letzten 20 Jahren hat sich die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse halbiert. Die Gründe dafür sind nicht ganz klar, aber unter anderem liegt es auch an den Kanzleien selbst.
Häufigste Kritikpunkte von Rechtsanwaltsfachangestellten sind:
- Fehlende Wertschätzung in Kanzleien
- Geringes Gehalt
- Starke Hierarchien
Daneben gibt es mittlerweile einen stärkeren Wettbewerb um junge Menschen. Viele Berufsgruppen werben aktiv um Azubis, ob Handwerk oder Justiz. Wer aber nichts vom Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten weiß, wird ihn für sich nicht in Betracht ziehen.
Dem entspricht es, dass die heutigen Azubis laut einer Umfrage der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf aus diesem Jahr vor allem durch persönliche Kontakte wie Familie oder Freunde auf die Ausbildung aufmerksam wurden.
Ein wichtiger Schritt: Imagekampagne für Azubis
Es gibt also viel zu tun. Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf hat in Kooperation mit den Berufsschulen eine Arbeitsgruppe gegründet, um konkrete Verbesserungen anzustoßen. Mit dabei sind auch Azubis, die gerade ihre Ausbildung absolvieren. Aus unserer Kanzlei bringt sich Rechtsanwalt Jasper Prigge für den Vorstand der Rechtsanwaltskammer inhaltlich in die Diskussionen ein.
Es geht aber nicht nur um das Bild nach außen, auch die Qualität der Ausbildung muss besser werden. Denn Azubis, die ihren Beruf lieben, sind Vorbilder und motivieren andere, die vor der Wahl ihres Ausbildungsberufs stehen.
Ein zweiter Baustein ist eine Imagekampagne, damit der Beruf sichtbarer wird. Die Vorbereitungen dazu laufen. Als Kanzlei haben wir unsere Räume gerne für einen Videodreh zur Verfügung gestellt.
Drittens hat die Rechtsanwaltskammer die Mindestvergütungen für Azubis deutlich angehoben. Das war dringend nötig, denn im Vergleich zu anderen Berufen waren die Empfehlungen einfach zu niedrig.
Das alles sind nur erste Schritte, aber sie führen in die richtige Richtung. Wir sind gespannt auf das Ergebnis des Videodrehs und freuen uns, dass wir einen kleinen Teil dazu beitragen konnten.
* Wobei dieses Beispiel auch nicht ganz stimmig ist, denn Erin Brokovich hatte keine Ausbildung im Rechtsbereich, sie war Quereinsteigerin.