Schnelles Handeln gefragt
Jede Sekunde, die ein Video online ist, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Sie es nicht mehr aus dem Internet bekommen. Zudem können der Arbeitgeber oder die Familie dieses sehen. Deshalb sollten Sie sofort einen Anwalt für Medienrecht einschalten, der sich mit solchen Fällen auskennt.
Wie kann ich ein YouTube-Video löschen lassen?
Zunächst einmal bietet YouTube selbst die Möglichkeit, ein Video online zu melden und die Löschung zu verlangen.
Neben dem jeweiligen Video finden sich drei Punkte. Man klickt weiter auf „melden“, meldet sich mit seinem Account an und nennt den Grund, warum das Video gelöscht werden soll. YouTube prüft dann, ob das Video gegen seine Community-Richtlinien verstößt. Ist dies der Fall, kann es sein, dass die Plattform eine Löschung vornimmt.
Alternativ ist auch ohne Anmeldung eine „rechtliche Beschwerde“ beispielsweise wegen Verleumdung möglich.
Das Problem: Ein Vorgehen über die Plattform bedeutet, dass Sie abwarten müssen, ob YouTube das Video löscht. Wenn Sie erst dann einen Anwalt beauftragen, kann es sein, dass es schon viele Aufrufe gab. Es besteht die Gefahr, dass das Video dann bereits mehrfach heruntergeladen und auf anderen Plattformen neu veröffentlicht wurde.
Problematisch ist zudem, dass die Community-Richtlinie zu Belästigung und Cybermobbing enger formuliert ist, als die gesetzlichen Möglichkeiten. So heißt es in der Richtlinie:
Wir erlauben keine Inhalte, die jemanden mit fortwährenden Beleidigungen oder Verunglimpfungen aufgrund seiner körperlichen Merkmale oder der Zugehörigkeit zu einer geschützten Gruppe angreifen, wie Alter, Behinderung, ethnische Herkunft, Geschlechtsidentität oder sexuelle Orientierung. Andere schädliche Verhaltensweisen wie Drohungen oder Doxing sind ebenfalls nicht erlaubt. Bitte beachte, dass wir bei Inhalten, die sich an Minderjährige richten, strenger vorgehen.
Auszug aus der Community-Richtlinie zu Belästigung und Cybermobbing
Es muss sich also um fortwährende Beleidigungen handeln. Eine einmalige Beleidigung oder Verleumdung würde hiernach für eine Löschung des Videos nicht ausreichen. Aber auch eine einmalige Rechtsverletzung müssen Sie aber nicht hinnehmen.
Weiter heißt es in der Richtlinie:
Wir erlauben keine Inhalte, die jemanden mit fortwährenden Beleidigungen oder Verunglimpfungen aufgrund unveränderlicher Merkmale angreifen.
Auszug aus der Community-Richtlinie zu Belästigung und Cybermobbing
Was aber ist mit veränderlichen Merkmalen, wie etwa Akne oder einer gebrochenen Nase? Beleidigungen oder andere Formen von Belästigung sind dann wohl kaum erlaubt.
Schließlich enthält die Richtlinie einen weitschweifigen Ausnahmekatalog. Dient das Video „primär einem pädagogischen, dokumentarischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zweck“, behält sich YouTube vor, Inhalte online verfügbar zu halten, auch wenn sie Belästigungen enthalten. Was hierunter im Einzelfall zu verstehen ist, bleibt vage.
Man sieht, die Löschungsoption, die YouTube selbst anbietet, ist keineswegs ein sicherer Weg, um ein rechtswidriges Video möglichst schnell löschen zu lassen.
Kann ich den Kanal zur Löschung auffordern?
Natürlich ist es möglich, sich an den Kanal zu wenden, auf dem das Video veröffentlicht wurde. Rechtlich ist dieser zur Löschung verpflichtet, wenn es z. B. gegen Persönlichkeitsrechte verstößt.
Mögliche Verstöße gegen Persönlichkeitsrechte
- Abbildung einer Person ohne Erlaubnis
- Beleidigung
- Falschbehauptungen / Verleumdung
- Identitätsdiebstahl
Eine freundliche Mail wird aber oft nicht viel bringen, denn eine Löschung bedeutet immer den Verlust von Reichweite. Daher werden viele YouTube-Kanäle eine Bitte zur Löschung ablehnen oder gar nicht reagieren.
Besser ist es daher, den Kanal anwaltlich abzumahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufzufordern. Dem Kanal wird eine Frist gesetzt, bis zu der das Video gelöscht werden muss.
Sollte der Kanal der Aufforderung nicht nachkommen, kann bei Gericht eine einstweilige Verfügung beantragt werden. Mit dieser wird dem Kanal verboten, die Rechtsverletzung fortzuführen.
Sollte auch dies nicht zur Löschung des YouTube-Videos führen, kann das Gericht schwerwiegende Sanktionen beschließen: Möglich sind Ordnungsgelder bis zu 250.000 € oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.
Das Problem ist, dass die Kontaktdaten des Kanals bekannt sein müssen. Andernfalls kann eine Abmahnung nicht zugestellt werden. Zwar besteht nach deutschem Recht grundsätzlich eine Pflicht, die Kontaktdaten auf dem Kanal zu nennen (Stichwort: Impressum). Aber viele Nutzer:innen halten sich nicht daran.
Zwar gibt es bei Rechtsverletzungen einen Auskunftsanspruch gegen Plattformbetreiber, die Nutzerdaten mitzuteilen, ein solches Verfahren ist aber aufwendig und kostet Zeit.
Polizei und Staatsanwaltschaften haben weitgehendere Ermittlungsmöglichkeiten, aber auch das dauert und ist unpraktikabel, wenn die Täter:innen im Ausland sitzen.
YouTube wegen Rechtsverletzung abmahnen?
Wenn YouTube über eine Rechtsverletzung informiert wird, aber das Video nicht löscht, können Sie daher direkt gegen die Plattform vorgehen. Dieser Weg ist zumeist schneller und effektiver.
Gemäß dem kürzlich erlassenen Digital Services Act der Europäischen Union, müssen Plattformbetreiber zwar Videos nicht anlasslos auf Rechtsverstöße kontrollieren. Aber sie müssen rechtswidrige Inhalte entfernen, sobald sie von diesen Kenntnis erlangt haben (sog. Notice-and-take-down-Verfahren).
Rechtsverletzung detailliert darlegen
Damit die Plattform verpflichtet ist, ein Video zu löschen, müssen Sie YouTube im Detail erläutern, worin der Rechtsverstoß liegt. An dieser Stelle werden Sie um anwaltliche Unterstützung nicht herumkommen, denn ohne eine konkrete Beanstandung riskieren Sie, dass wertvolle Zeit verloren geht.
Sollte YouTube nach Kenntnis der Rechtsverletzung das Video nicht entfernen, gibt es – wie gesagt – weitere rechtliche Möglichkeiten, etwa einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder die Erhebung einer Unterlassungsklage.
Zu beachten ist, dass eine einstweilige Verfügung regelmäßig nur innerhalb eines Monats ab Kenntnis von der Rechtsverletzung möglich ist. Warten Sie länger ab, müssen Sie ein langsames Hauptsacheverfahren anstrengen und es besteht das Risiko, dass das Video so lange online bleibt.
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