- Blog bringt Transaktivistin mit pädophilen Kreisen in Verbindung
- OLG Köln: Unwahre Tatsachenbehauptung aufgestellt
- Nach Unterlassungserklärung darf Behauptung nicht wiederholt werden
Der Vorwurf der Pädophilie als Mittel zur Diffamierung hat gerade gegenüber der queeren Community eine lange und hässliche Tradition. Heute trifft es unter anderem trans Frauen. Teilweise wird mit aus der Luft gegriffenen Unterstellungen der Eindruck erweckt, sie hätten etwas mit Pädophilie zu tun.
Derartige (unwahre) Behauptungen sind angesichts eines gesellschaftlichen Klimas, in dem der Hass gegen trans Personen aufblüht, brandgefährlich. Darüber hinaus sind sie für die Betroffenen extrem belastend, denn es gibt wohl kaum einen schlimmeren Vorwurf, als den der Pädophilie.
Das empfand auch unsere Mandantin so, selbst im Vorstand eines Vereins aktiv, der sich für die Rechte von trans Personen einsetzt. Sie setzte sich erfolgreich gegen eine derartige Falschbehauptung zur Wehr.
Eine Bloggerin hatte in Bezug auf unsere Mandantin geschrieben:
Ich hatte mir erlaubt, öffentlich die Frage zu stellen, warum X vom Vorstand der Y […] ein Symbol als Maskottchen in die Kamera hält, das auch pädophilen Kreisen zugeschrieben wird
Konkret ging es um ein Foto, auf dem unsere Mandantin mit einem Maskottchen einer trans Selbsthilfegruppe aus Stoff zu sehen war. Dieses wird natürlich nicht pädophilen Kreisen zugeschrieben, was die Bloggerin – so unser Verständnis der Äußerung – aber behauptet hatte. Da sie sich trotz Abmahnung nicht zur Unterlassung verpflichten wollte, stellten wir einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Diesen wies das Landgericht Düsseldorf nach mündlicher Verhandlung zurück. Das Gericht befand, der oben zitierte Satz sei eine zulässige Meinungsäußerung.
Das Oberlandesgericht Köln sah dies anders und teilte in einem Hinweisbeschluss unsere Rechtsauffassung, dass es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt, die zu unterlassen ist:
Die angegriffene Äußerung greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) der Verfügungsklägerin ein. Die Äußerung ist geeignet, sich abträglich auf ihr Ansehen auszuwirken, da sie durch die Äußerung mit pädophilen Kreisen in Verbindung gebracht wird. Das muss die Verfügungsklägerin nicht hinnehmen. Im Rahmen der gebotenen Abwägung ihres Rechts mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Recht der Verfügungsbeklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiegt das Schutzinteresse der Verfügungsklägerin die schutzwürdigen Belange der anderen Seite. Denn die angegriffene Äußerung ist eine unwahre Tatsachenbehauptung.
Indem die Verfügungsbeklagte schildert, sie habe die Frage gestellt, warum die Verfügungsklägerin ein Symbol als Maskottchen in die Kamera halte, das auch pädophilen Kreisen zugeschrieben werde, hat die Verfügungsbeklagte inzident die in der Fragestellung („warum“) vorausgesetzte Tatsache geäußert, die Verfügungsklägerin habe ein Symbol in eine Kamera gehalten, das auch pädophilen Kreisen zugeschrieben werde. Es handelt sich insoweit nicht um eine Meinungsäußerung, denn bei durchschnittlichen Rezipienten wird ein konkretes tatsächliches Vorstellungsbild erzeugt. […]
Die angegriffene Behauptung ist unwahr. Tatsächlich hat die Verfügungsklägerin kein Symbol in eine Kamera gehalten, das auch pädophilen Kreisen zugeschrieben wird. Auf dem von ihr veröffentlichten Pressefoto, auf das sich die angegriffene Äußerung bezieht, hält sie vielmehr ein dreidimensionales Vereinsmaskottchen in Gestalt eines gestrickten, rosa-blau-weiß gefärbten Schmetterlings in der Hand. Dieser gestrickte Schmetterling hat zwar möglicherweise gewisse Ähnlichkeiten mit dem unter anderem in den Anlagen AE 12 und 13 abgebildeten zweidimensionalen, rosa-blau gefärbten Schmetterlingssymbol, das unstreitig auch pädophilen Kreisen zugeschrieben wird. Diese Ähnlichkeiten gehen aber keinesfalls so weit, dass man sagen könnte, die Klägerin habe das in den Anlagen AE 12 und 13 abgebildete Symbol selbst – und nicht lediglich einen Gegenstand, der diesem Symbol ähnlich sieht – in die Kamera gehalten.
OLG Köln, Beschluss vom 11.08.2023 – 15 U 105/23
Das OLG Köln schlug einen Vergleich vor, der unter anderem beinhaltete, dass sich die Bloggerin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich, zur Unterlassung der angegriffenen Äußerung verpflichtet. Dieser Vergleich wurde von beiden Seiten angenommen.
Das Verfahren ist bedeutsam. Es zeigt auf, dass es trans Frauen nicht hinnehmen müssen, wenn sie in eine Ecke mit Pädophilen gestellt werden – und dass es manchmal den Mut braucht, sein Anliegen durch mehrere Instanzen zu verfolgen.
Pressemitteilung aufgegriffen:
Queer.de: Bloggerin darf trans Frau nicht mit Pädophilie in Zusammenhang bringen